SWR Kultur Lied zum Sonntag
Nobody knows the trouble I’ve seen gehört bis heute zu den bekanntesten amerikanischen Spirituals. Das Lied kenne ich seit meiner Kindheit. Wir haben es im Zeltlager und in Gottesdiensten gesungen. Aber ich war und bin ganz schön weit weg von der Welt, aus der dieses Lied stammt. Afroamerikanische Sklaven haben das bei ihrer Arbeit gesungen. In ihren Baracken. Auf dem Feld. Unterdrückung und Ungerechtigkeit ist der Rhythmus des Spirituals. Seine Melodie sind Hoffnung und Sehnsucht nach einem Leben ohne Leid.
Nobody knows the trouble I’ve seen / Nobody knows but Jesus / Nobody knows the trouble I’ve seen / Glory hallelujah!
Wir wissen nicht, wer Nobody Knows verfasst hat. Unbekannt wie so viele der Sklavinnen und Sklaven, die zwischen dem 16. und dem 19. Jahrhundert in die USA verschleppt wurden. Nach heutigen Schätzungen waren das über 11 Millionen Menschen. In Liedern drücken die Versklavten ihre Not aus, erzählen davon, wie es ist, wegen der eigenen Herkunft und Hautfarbe unterdrückt zu werden, formulieren ihre Hoffnung, aber auch Protest und Widerstand.
Sometimes I’m up, sometimes I’m down / Oh, yes, Lord / Sometimes I’m almost to the ground / Oh, yes, Lord
Heute kann ich das Lied kaum einfach so hören. Zu eng verwoben ist es mit der Unterdrückungs- und Unrechtsgeschichte von Menschen. Doch das Lied zu spielen und zu singen, heißt, sich an diese Menschen zu erinnern. Ihnen eine Stimme zu geben. Ich glaube, das ist auch der Grund, warum so viele Musikerinnen und Musiker dieses Lied weitertragen. In ganz unterschiedlichen musikalischen Stilrichtungen. So hat es sich etwa auch zum Jazzstandard entwickelt.
Instrumental
Zwei Zeilen wiederholen sich ständig: Nobody knows the trouble I’ve seen und Glory hallelujah! Sie bringen eine unglaubliche Spannung in den Song. Trouble, das steht für Probleme, Ärger, Schwierigkeiten, für Leid und Elend.
Doch diese trouble sind nicht das Ende vom Lied. Am Ende des Refrains steht vielmehr ein glory, ein Gloria, ein Lob Gottes. Das singen die Engel in der Weihnachtsgeschichte. Erzählen von der Geburt eines besonderen Menschen. Erzählen davon, dass Gott allen Menschen nahe ist. Mehr Widerstand gegen eine Herrschaft, die zwischen Herren und Sklaven, zwischen schwarz und weiß, zwischen Unterdrückern und Unterdrückten unterscheidet, ist kaum denkbar.
Nobody knows the trouble I’ve seen / Nobody knows but Jesus / Nobody knows the trouble I’ve seen / Glory hallelujah!
Da singen Unterdrückte von der Hoffnung. Das gibt mir zu denken. Wenn ich mich manchmal durch meinen Tag quäle, wenn mich jemand ungerecht behandelt, wenn ich zu wenig beachtet werde. Alles nur Kinkerlitzchen im Vergleich zu dem, was die Menschen erlebten, die Nobody knows the trouble I’ve seen zuerst gesungen haben. Und die in ihrem Trauerlied trotzdem von der Hoffnung singen. Vom Glauben. An das Leben, an grenzenlose Gerechtigkeit, an die Würde jedes Menschen. So kann ich das Lied auch singen.
Nobody knows the trouble I’ve seen / Nobody knows but Jesus / Nobody knows the trouble I’ve seen / Glory hallelujah!
Nobody knows
Spiritual / Verf. unbekannt
Nobody knows the trouble I’ve seen / Nobody knows but Jesus / Nobody knows the trouble I’ve seen / Glory hallelujah!
Sometimes I’m up, sometimes I’m down / Oh, yes, Lord / Sometimes I’m almost to the ground / Oh, yes, Lord
Although you see me going ’long so / Oh, yes, Lord / I have my trials here below / Oh, yes, Lord
If you get there before I do / Oh, yes, Lord / Tell all-a my friends I’m coming too / Oh, yes, Lord
01
Nobody knows the trouble I've seen (Cole, Nat King) Stardust - The complete C
Archivnr. M0730219(AMS)
02
Nobody knows the trouble I've seen (Golden Gate Quartet) Golden songs
Archivnr. M0500486(AMS)
03
Nobody knows the trouble I've seen (Baker, Chet (tp)) Silent nights
Archivnr. M0042181(AMS)
04
Nobody knows the trouble I've seen (Fountain, Pete (Klarinette))
Archivnr. M0577802(AMS)
05
Nobody knows the trouble I've seen (Armstrong, Louis (tp)) Verve take 2
Archivnr. M0090629(AMS)
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