Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW
„Alles Schwindel!“, ruft Gustav Mesmer. Wir schreiben das Jahr 1929, er ist 26 Jahre alt, als er den Konfirmationsgottesdienst in seinem Heimatdorf Altshausen stört. Was fängt man mit einem Menschen an, der einen Gottesdienst stört? Er wird wegen dieses Vorfalls in eine „Heilanstalt“ eingewiesen. Er leidet schrecklich unter den Umständen und der Unfreiheit in der Psychiatrie. Doch nach drei Jahren hat er für sich einen Weg gefunden zu überleben: Er beginnt zu zeichnen. Nicht irgendetwas, sondern selbst erdachte Flugmaschinen. Es dauert volle 35 Jahre, bis er aus der Psychiatrie wieder entlassen wird. Dann aber legt er erst richtig los: Mit einem umgebauten Damenfahrrad startet er Flugversuche. Immer wieder sonntags rast er damit steile Wege hinunter. Er lebt im Lautertal auf der Schwäbischen Alb und wird der „Ikarus vom Lautertal“ genannt. Seine Zeichnungen und selbst gebauten Flugmaschinen erregen Aufmerksamkeit. Es gibt erste Kunstausstellungen.
Ich glaube, die Bibel würde zum Leben von Gustav Mesmer sagen: „Wir sind schon Gottes Kinder. Aber was wir einmal werden, ist noch nicht sichtbar.“ Die Leute sehen in dem jungen Gustav einen ungebildeten Störer und doch ist er Gottes Kind. Gott sieht den Menschen. Seine Kreativität, seine Ideen, seine Kraft, um etwas zu schaffen. Wie gut, dass es einen gibt, der dich in seiner Familie haben will – als Sohn, als Tochter. Es spielt keine Rolle, wie alt du bist, was du bisher in deinem Leben gemacht hat. Da geht noch was. Du sollst du werden. Im Fall von Gustav Mesmer heißt das: Seine Bestimmung ist „Flugradbauer“.
Aber ist Gustav Mesmer denn einmal geflogen mit einer seiner Maschinen? Darauf hat er geantwortet, dass es ihn einmal fast 50 Meter weit ins Tal getragen hat. Nur leider, leider ist keiner dabei gewesen. - Wir sind schon Gottes Kinder. Aber was wir einmal werden, ist noch nicht sichtbar.
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