Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP
Henri heißt er und hat schon einige Jahre auf seinem goldbraunen Fell. Denn Henri ist ein Hund und lebt in einem Seniorenheim in Mainz - zusammen mit vielen alt gewordenen Menschen. Manche von ihnen sind dement. Das bedeutet, sie leben mitunter in längst vergangenen Zeiten. An die können sie sich noch erinnern. Und da kommt immer wieder mal Henri ins Spiel. Einen Herzensöffner, so nennt ihn eine Ordensschwester, die dort arbeitet. Denn die Begegnung mit dem Tier macht etwas mit den Menschen. Sie freuen sich über ihn, werden aktiver. Manche von ihnen beginnen sogar zu erzählen, wenn er da ist. Erinnern sich an glückliche, frühere Tage. Und Henri, der spürt wohl auch instinktiv, wenn es einer Bewohnerin mal nicht so gut geht. Dann wird er behutsamer, muntert sie auf, zaubert dem alten Menschen manchmal wieder ein Lächeln ins Gesicht.
Ob Tiere so etwas wie eine Seele haben können? Immer mal wieder wird sowas ja diskutiert. Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht und bin da auch eher zurückhaltend. Aber wenn ich dann von Henri und den alten Menschen höre, dann denke ich: Vielleicht ist da ja doch was dran. Unter uns Menschen sprechen wir immerhin von Seelenverwandtschaft, wenn sich zwei quasi blind ergänzen. Wenn es keiner großen Worte mehr bedarf. Wenn oft schon ein kurzer Blick genügt, um zu wissen, wie es dem anderen geht. Was sie oder er gerade braucht. Wenn sich also, im Bild gesprochen, ihre Seelen berühren. Und ein wenig erscheint das ja auch so, wenn Henri, der Seniorenheimhund, die alten Leute aufmuntert und zum Erzählen bringt. Ob Tiere nun so was wie eine Seele haben oder nicht. Für manche Menschen, so scheint mir, können sie jedenfalls eine Art von Seelsorger sein.
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