Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP
Wenn ich an Schaufenstern vorbei schlendere oder durch die Werbebeilagen der Zeitung blättere, dann fällt mir hin und wieder ein steiles Versprechen auf: Zufriedenheitsgarantie! Vor ein paar Jahren fing das an. Inzwischen ist es beinahe inflationär. Immer öfter verspricht mir irgendwer: Zufriedenheit! Optiker sind dabei, Friseursalons, sogar Banken. Bei vielen kommt das an. Denn Menschen die unzufrieden sind, haben Zweifel. Den Eindruck, nicht genug bekommen, besseres verdient zu haben. Wer ständig unzufrieden ist hinterfragt deshalb jede Ware, jede Leistung, im schlimmsten Fall auch jeden menschlichen Kontakt. Immer mit dem Verdacht, zu kurz zu kommen, betrogen, übervorteilt, hintergangen zu werden. Wer aber anderen ständig misstraut, ist auch ständig unzufrieden. Ein Teufelskreis, der politisch am Ende nur den Radikalen nützt.
Bloß, woran merke ich eigentlich, dass ich zufrieden bin? Also so richtig, zu 100 Prozent. Wer zufrieden ist, lauert nicht ständig auf das Haar in der Suppe. Darauf, was vielleicht noch besser sein könnte. Wer zufrieden ist, ist ausgeglichen. In innerer Ruhe. Zufrieden sein ist Glück.
Unzufrieden machen dagegen Erwartungen, die sich nicht erfüllen. Wer sich Urlaub nur als zwei Wochen Sonne vorstellen kann, ist unzufrieden, wenn es an zehn Tagen regnet. Es soll Leute geben, die fordern dann allen Ernstes ihr Geld zurück. Und vielleicht steht ja auch Gott nicht mehr allzu hoch im Kurs, weil er in den Augen vieler einfach nicht verlässlich liefert.
Natürlich heißt das nicht, alles klaglos hinzunehmen. Ich darf auch was erwarten. Vom Handwerker, den ich beauftrage. Der Kollegin, die mir zuarbeitet. Dem neuen Auto, das mich viel Geld kostet. Aber nichts und niemand auf Erden ist makellos und perfekt. Wer tolerant sein, kleine Fehler und Makel akzeptieren kann, bei anderen und bei sich selbst, der lebt zufriedener. Und letztlich auch glücklicher.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=42328