Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

10JUN2025
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Manche Worte wirken wie aus einer anderen Welt. „Heiliger Geist“ – das klingt für viele nach Kirche, Weihrauch und alten Texten. Ich glaube, dieser Geist ist etwas, das uns heute noch ganz real begegnet. In der Bibel wird er als Kraft beschrieben. Nicht als Gespenst oder Zauberwesen, sondern als etwas, das Menschen miteinander verbindet, tröstet, inspiriert. Wenn ich ihn beschreiben soll, dann würde ich sagen: Der Heilige Geist ist wie der Atem Gottes. Unsichtbar, aber wirksam. Wie Wind, der Bäume bewegt, obwohl ich ihn selbst nicht sehen kann. Mir ist der Heilige Geist zu einem vertrauten Freund und Begleiter geworden, der mich immer wieder überrascht. Wie zum Beispiel bei einem Konzert während der Salzburger Festspiele. Ich habe nichts Besonderes erwartet. Es war ein experimentelles Konzert. Drei Männer haben miteinander musiziert, auf einem Klavier, einem Vibraphon und einer Flöte. Schon nach wenigen Minuten war in der voll besetzten Kirche tiefer Friede spürbar. An mir selbst habe ich gemerkt: ich habe auf einmal tief und langsam geatmet, mein Herzschlag ist ganz ruhig geworden. Der ganze Raum war erfüllt von einer versöhnlichen und liebevollen Stimmung.

Erfahren kann ich diesen Geist überall. Nicht nur in Kirchen. Erst vor kurzem bin ich mit meinen Walking Stöcken über die Felder gelaufen. Da wo ich wohne. Unterwegs habe ich eine alte Dame getroffen. Wir sind eher zufällig ins Gespräch gekommen. Aber schon nach wenigen Minuten hatte ich das Gefühl, wir würden uns ewig kennen. Sie war unerwartet nah und vertraut. Hinterher hab ich gedacht: Es ist erstaunlich, dass es Menschen gibt, die ich zwar nicht kenne, aber mit denen ich mich trotzdem so tief verbunden fühle.

Der Heilige Geist weht, wo er will. Er wirkt nicht nur in Gebeten oder Predigten. Sondern auch in überraschenden Begegnungen, in Musik, in Momenten der Klarheit. In einem plötzlichen Gedanken, der uns weiterbringt. In einer Liebe, die wir uns selbst nicht erklären können. Er ist überall da, wo Versöhnung möglich wird. Manchmal ganz leise und manchmal mit Wucht.

Für mich ist das die Botschaft: Ich bin nicht auf mich alleine gestellt. Es gibt eine Kraft, die mich begleitet. Die verbindet.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=42308
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