Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

07JUN2025
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Es gibt so Themen, die rufen eigentlich bei allen nur noch Kopfschütteln hervor. Das Kopfschütteln bedeutet: Ich hab’s aufgegeben, das zu verstehen oder darüber zu diskutieren.

Gender-Fragen sind so ein Beispiel: Die Freunde meiner Kinder schütteln den Kopf darüber, warum es denn so schwer ist zu akzeptieren, dass manche Menschen spüren: Ich habe ein anderes Geschlecht als das, mit dem ich geboren bin. Leute, mit denen ich beim Dorffest spreche, sind dagegen genervt, weil sie finden, das Thema betrifft doch nur wenige. Warum ist das jetzt plötzlich so wichtig, fragen sie kopfschüttelnd.

Ähnlich sieht es aus, wenn es um Migration geht oder um den Nahostkonflikt. Über das, was die einen dazu denken, schütteln die anderen nur den Kopf. Und so redet man oft gar nicht mehr miteinander. Manchmal nicht einmal in der eigenen Familie. Oder, noch schlimmer, man fängt an, sich in den sozialen Netzwerken gegenseitig zu beschimpfen. Oder bei Demos aufeinander loszugehen.

Morgen ist Pfingsten. An diesem christlichen Fest geht es genau darum: Menschen verstehen einander nicht. Aber dann wird Verständigung plötzlich möglich.

Die Pfingstgeschichte aus der Bibel erzählt, dass sich die Menschen, die Jesus gefolgt waren, nach seinem Tod ängstlich zurückgezogen hatten. Am Pfingsttag aber ist eine Art Sturm oder Feuer durch ihr Haus gegangen. Gottes Geist, nennt es die Bibel. Jedenfalls waren sie plötzlich voller Mut und Begeisterung – und sie sind rausgegangen, um zu erzählen, was sie mit Jesus erlebt hatten.

Das Besondere war: An diesem Pfingsttag konnten alle Menschen plötzlich verstehen, was die Freunde von Jesus zu sagen hatten. Selbst Leute, die eine andere Sprache gesprochen haben. Gottes Geist macht Verständigung möglich – auch da, wo es eigentlich unmöglich scheint. Das ist die Botschaft von Pfingsten.

Manche Kirchengemeinden habe in letzter Zeit „Verständigungsorte“ eingerichtet, um den Pfingstgeist wirken zu lassen. Sie organisieren Veranstaltungen, wo Leute zusammenkommen, die sich sonst im Leben nicht begegnen, und miteinander reden. In echt, nicht nur im Chat. Über Themen, die sie aufregen. Im April haben zum Beispiel 200 Leute in der Kirche in Ludwigsburg über „Ludwigsburg und seine Flüchtlinge“ diskutiert. Teilweise hart – aber immerhin miteinander.

Ich finde das eine gute Idee. Noch besser wäre es aber, wenn jedes Familientreffen, jeder Gartenzaun und jede Stammkneipe zu so einem Verständigungsort werden würde. Vielleicht können wir es an Pfingsten ja schon mal probieren.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=42295
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