Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW
„Haben die … denn jegliche Bodenhaftung verloren?“ Das schreibt Magda auf Insta. Sie meint damit die Reichen und Mächtigen. Und sie ist sich sicher: „So kann das nicht weitergehen.“
Magda heißt eigentlich Magdalena Scherer. Sie ist eine selbstbewusste junge Frau aus Stuttgart, und was sie zu sagen hat, ist oft ziemlich aktuell. Dabei schreibt Magda gar nicht über heute. Sie hat nämlich vor 500 Jahren gelebt. Ihren Insta-Account hat das Württembergische Landesmuseum angelegt. Die wirkliche Magdalena Scherer hat den Bauernkrieg erlebt, der vor genau 500 Jahren, im Frühjahr und Sommer 1525, getobt hat. Und darüber schreibt sie auf Instagram. Eine gute Idee.
Die Bauern haben vor 500 Jahren um ganz grundlegende Rechte gekämpft: Etwa darum, dass jeder Mensch frei ist – und dass es keine Leibeigenschaft mehr geben darf, also keine totale Abhängigkeit von einem Herrn. Auch dafür, dass die Natur und ihre Güter nicht einzelnen gehören, sondern allen zugutekommen müssen, haben die Bauern gestritten. Ihre Forderungen haben sie in Zwölf Artikeln zusammengefasst – und auch begründet. Und zwar mit ihrem Glauben und den Aussagen der Bibel: Christus hat uns alle erlöst, schreiben sie zum Beispiel, keinen ausgenommen. Darum ergibt sich aus der Schrift, dass wir frei sind und sein wollen. Auch sei es unbrüderlich und dem Wort Gottes nicht gemäß, dass der arme Mann nicht jagen dürfe und sein Brennholz zu teuer einkaufen müsse.
Die Bauern und ihre Familien damals litten an Hunger und Kälte. Für sie ging es ums nackte Überleben. Trotzdem wurden ihre Aufstände im Jahr 1525 von den Fürsten brutal niedergeschlagen. Es hat Jahrhunderte gedauert und viele weitere Kämpfe gebraucht, bis ihre Forderungen endlich nach und nach verwirklicht wurden.
Gott sei Dank profitieren wir heute davon. Aber es macht mich nachdenklich, wie aktuell manche Forderungen und Klagen aus jener Zeit trotzdem klingen.
„Haben die … denn jegliche Bodenhaftung verloren?“, fragt sich Magdalena Scherer mit Blick auf die Reichen ihrer Zeit. Das kann ich mich heute auch fragen, wenn ich höre, dass Leute, die selbst im Luxus leben, sich gar nicht darum kümmern, wie es Leuten geht, die wenig Geld haben.
Und dass die Natur allen gehört, scheint heute auch nicht klar zu sein. Rohstoffe, die wir für unsere Handys brauchen, werden in ärmeren Ländern oft so abgebaut, dass dort schlimme Schäden für die Natur und die Menschen entstehen.
Das ist doch unfair. Oder, wie die Bauern vor 500 Jahren geschrieben haben: Es ist unbrüderlich und dem Wort Gottes nicht gemäß. Ich finde, sie haben recht. Und man kann heute noch von ihnen lernen. Und sich dafür einsetzen, dass sich was ändert.
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