Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP
Fahr mit dem Rad – das war häufig die Antwort meiner Eltern, wenn ich sie gefragt habe, wie ich zu diesem Geburtstag oder jenem Tischtennisturnier kommen soll.
Mein eigentliches Ziel, von Ihnen gefahren zu werden habe ich damit immer grandios verfehlt und meiner Ausdauer und Gesundheit war es zuträglich.
Jetzt bin ich in der Rolle, den Fahrdienst für meine Kinder zu verweigern und für ihre Ausdauer zu sorgen – und es fällt mir schwer.
Gut ich weiß nicht, ob es meinen Eltern damals nicht auch schwergefallen ist – aber für mich heute stellt sich die Fahrrad-Welt inzwischen so ganz anders dar.
Seit ich selbst Auto fahre, sehe ich die Welt der Fahrradfahrenden anders. Ich sehe, wie wichtig der Schulterblick ist und wie wenige Autofahrer es regelhaft tun – und jedes Mal könnte mein Kind im toten Winkel gewesen sein.
Nachts sieht man manche Fahrradfahrer extrem schlecht und damit spät – oder zu spät. Wenn meine Kinder im Auto sitzen, zeige ich immer auf die dunkel gekleideten Radfahrer. Ich will sie sensibilisieren und für die wenig modischen Signalwesten und Lampen begeistern.
Und ich sage aus Angst um sie, dass ich bereit bin sie zu fahren – viel häufiger - als es für Ihre Ausdauer, für meine Freizeit und für die Umwelt zuträglich ist.
Heute am Weltfahrradtag frage ich mich, ob hinter meiner Angst mangelndes Gottvertrauen steht. Ob meine Eltern vielleicht mehr Gottvertrauen hatten oder ob es einfach daran liegt, dass es andere Zeiten mit weniger Verkehr waren.
Genau weiß ich das nicht und eigentlich bin ich der Meinung, dass Gottvertrauen nie Vorsicht und Schutzausrüstung ersetzen sollte.
Aber heute am Weltfahrradtag nehme ich mir zumindest vor - nachdem ich sichergestellt habe, dass die Schutzausrüstung bei meinen Kindern komplett ist – häufiger auch mal Nein zum Elterntaxi – zum Fahrdienst zu sagen.
Aber der Weltfahrradtag macht mir auch deutlich, wie viel Verantwortung die anderen Verkehrsteilnehmer haben. Je mehr ich als Autofahrer auf den toten Winkel achte, vorausschauend fahre und besonderes Augenmerk auf Fußgänger und Radfahrer lege, desto besser ist das auch für die Radfahrer und dann darf ich auch gerne auf Gott vertrauen.
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