SWR Kultur Lied zum Sonntag

Es wird sein in den letzten Tagen.
Interessant! Da weiß jemand etwas über den Weltuntergang. Denn darum muss es wohl gehen, wenn von den letzten Tagen die Rede ist. Wenn diese letzten Tage vorbei sind, ist’s aus. Das stelle ich mir furchtbar vor. Als würde es gerade so weitergehen wie im Moment. Die Großmächte und wir mit ihnen rüsten auf wie verrückt. Minderheiten wie Juden und queere Personen werden als Sündenböcke durchs Land getrieben, auf die man seinen Frust abladen kann. Krank vor Wut und Neid bringen Menschen anderen den Tod – Unbekannten, Unschuldigen.
Aber das Lied zum Sonntag heute meint es ganz anders, wenn es von den letzten Tagen singt:
Es wird sein in den letzten Tagen,
so hat es der Prophet gesehn
da wird Gottes Berg überragen
alle anderen Berge und Höhn.
Und die Völker werden kommen
Von Ost, West, Süd und Nord,
die Gott Fernen und die Frommen,
zu fragen nach Gottes Wort.
Es ist wohl ein apokalyptisches Ereignis, das dieses Lied beschreibt. Allerdings keines, das ein fatales Ende befürchtet. Sondern unmissverständlich herausstellt, was am Ende sein wird, wenn Gott das Ende ist. Dann nämlich wird es am Ende hell sein, weil es eine Licht-Quelle gibt, die wir Menschen gar nicht zerstören können.
Auf, kommt herbei!
Lasst uns wandeln im Lichte des Herrn!
Gott kommt mit seinem Licht in den finstersten Winkel der Welt, die er geschaffen hat. Der Autor des Lieds, Walter Schulz, beruft sich dabei auf biblische Propheten wie Micha und Jesaja. Was sie von Gott verstanden und über ihn aufgeschrieben haben, bündelt Schulz in seiner ersten Liedstrophe. In ihr stecken auch die Probleme, mit denen die Menschheit bis heute zu kämpfen hat: Dass wir dazu neigen, falschen Zielen nachzujagen, die ins Unheil führen. Dass die einen den anderen ihr Lebensrecht absprechen und wir im Norden auf Kosten derer im Süden des Erdballs leben. Dass Menschen wegen ihres Glaubens Andersgläubige bedrohen und ermorden.
Dem setzt das Lied Worte aus dem Buch des Propheten Jesaja entgegen – dessen große Vision vom Frieden. Die will auch ich niemals aufgeben. Daran halte ich mich fest.
Es wird sein in den letzten Tagen,
so hat es der Prophet geschaut,
da wird niemand Waffen mehr tragen,
deren Stärke er lange vertraut.
Schwerter werden zu Pflugscharen,
und Krieg lernt keiner mehr.
Gott wird seine Welt bewahren
vor Rüstung und Spieß und Speer.
Es ist Gottes Wille, diese Welt nicht dem Untergang preiszugeben, sondern sie zu bewahren, zu heilen, zu erneuern. Und es gibt auch einen Weg dahin, den die letzte Liedstrophe andeutet. Ich soll in den Spuren Jesu weitergehen und dabei den Mut nicht sinken lassen. Ich kann vom Frieden reden und ihn mit vielen kleinen Zeichen kultivieren. Indem ich schlichte, wenn Kollegen hintereinander geraten sind; indem ich Paaren beistehe, die es schwer miteinander habe; indem ich Ruhe ausstrahle, wo es allzu aufgeregt zugeht. Viele kleine Zeichen von vielen von uns zeigen auch Wirkung und bauen an der Gottesstadt, die hier besungen wird.
Kann das Wort von den letzten Tagen
aus einer längst vergangnen Zeit
uns durch alle Finsternis tragen
in die Gottesstadt, leuchtend und weit?
Wenn wir heute mutig wagen,
auf Jesu Weg zu gehn,
werden wir in unsern Tagen
den kommenden Frieden sehn.
[WDR] 6023631106.001.001. 2'45
Es wird sein in den letzten Tagen (zu 4 Stimmen)
Choräle für die Morgenandachten
Schlenker, Manfred; Schulz, Walther
Wollersheim, Günther
Privataufnahme
Neu, Martin - Orgel
Improvisation zu Es wird sein in den letzten Tagen
Katholische Kirche St. Peter und Paul, Reutlingen
https://www.kirche-im-swr.de/?m=42278