SWR4 Abendgedanken
Ich habe in einem Tagebuch von Gott gelesen. Naja, in sowas ähnlichem. Es war ein Buch, in dem Frauen, Männer, Kinder, ihre Gedanken für Gott aufgeschrieben haben. Das klingt jetzt erst mal nicht nach einem klassischen Tagebuch. Denn hier haben ja Menschen etwas für Gott reingeschrieben und nicht Gott selbst was er erlebt hat. Das Buch hat mich aber trotzdem an ein Tagebuch erinnert. Es war ein sogenanntes Fürbittbuch.
Solche Fürbittbücher gibt’s in fast jeder Kirche und alle, die die Kirche besuchen, können sich in diesem Buch verewigen. Ich habs gesehen in der Klosterkirche in Hegne am Bodensee. Es war ein schlichtes DinA4 großes Notizbuch mit schwarzem Einband. Ich habe begonnen darin zu blättern, wobei... ein bisschen gescheut habe ich mich anfangs schon. Da sind ja so viele persönliche Sorgen oder Freuden formuliert. Aber ich hab mich dann doch getraut. Auf jeder Seite bin ich in ein neues Leben eingetaucht. Da war eine Frau, die um Erfolg bei ihren Prüfungen gebeten hat. Jemand anderes hat Gott geschrieben, dass er sich Gesundheit für seine Familie wünscht. Und ein Dritter hofft darauf nach einer schweren Zeit wieder mit seiner Frau glücklich zu werden. Aber es waren nicht nur Bitten, da gab es auch ganz viel Dankbarkeit. Zum Beispiel ein herzliches Danke für das Leben selbst. Und schmunzeln musste ich bei dem Eintrag: „Ach, ich hab einfach kein Glück mit den Männern.“
Da stand ich jetzt also vor diesem Fürbittbuch und habe gedacht: „Das könnte doch glatt Gottes Tagebuch sein.“ Da steht ja alles drin, was auf der Seele brennt und sonst nirgends hinkann. Und ich kann mir vorstellen wie Gott seine Botschaften wie in unsichtbaren Buchstaben dazu schreibt.
Zu jedem Eintrag hat er eine kleine geheime Botschaft, so stelle ich es mir vor.
Zwischen der ordentlichen Handschrift der nervösen Schülerin notiert Gott womöglich unsichtbar: „Du wirst das super meistern.“ und neben der graffitimäßigen Zeichnung mit dem Satz „Bitte, bitte mach meinen Opa wieder gesund…“ da kann ich in meiner Fantasie auch eine kleine Notiz von Gott erkennen: „Ich bin da. Egal was passiert.“
Natürlich meine ich das mit der unsichtbaren Handschrift Gottes nur als Bild. Als kleine Hilfe dafür, wie ich mir Gott vorstelle. Es ist Gott nicht egal wie es uns geht. Er nimmt unsere Sorgen ernst.
Am Ende habe ich auch selbst etwas in das Hegner Fürbittbuch hineingeschrieben. In dieses Fürbittbuch, von dem ich mir gut vorstellen kann es ist auch Gottes Tagebuch.
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