SWR3 Gedanken

05JUN2025
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Mir platzt fast der Kopf. Das Zugabteil, in dem ich seit einer Stunde stehe, ist völlig überfüllt. Um mich herum feiert ein Junggesellenabschied mit lauter Musik. Es ist heiß und stickig und riecht nach Bier. Ich hab schlecht geschlafen und will nur noch raus. An meinem Zwischenstopp habe ich jetzt eine Stunde Zeit. Ich laufe los und finde – eine Kirche.

Schon als ich die Tür öffne, merke ich, wie ich innerlich ganz ruhig werde. Ich setze mich in eine Bank und schließe die Augen. Ich bin noch nie hier gewesen. Aber da ist dieser vertraute Geruch nach Weihrauch und alten Mauern. Und ab und an ein Klimpern, wenn jemand eine Münze in die Spendenkasse für die Kerzen wirft.
Kirchen sind für mich schon immer Orte gewesen, an die ich mich zurückziehen kann, wenn es mir zu laut wird. Um mich herum oder in mir drin.
Egal, wo ich gerade bin, eine Kirche finde ich fast immer. Und obwohl sie natürlich alle unterschiedlich sind, funktionieren sie doch überall gleich. Ich weiß, dass ich hier einfach sein darf, ohne dass jemand etwas von mir will. Ich muss keinen Eintritt zahlen und keinen Kaffee kaufen. Ich kann mich zurückziehen, den Kopf frei kriegen und dann weiterziehen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=42258
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