SWR3 Gedanken
„Kopf hoch, Du findest schon noch was.“ So reagiert meine Freundin, als ich ihr erzähle, dass ich die Stelle, die ich so gerne wollte, nicht bekomme. Ich bin mega enttäuscht und sie will mich einfach aufmuntern. Sie meint es also total lieb, weil sie nicht will, dass ich traurig bin. Trotzdem merke ich: Ich brauche in dem Moment erstmal was anderes. Denn so habe ich das Gefühl, dass ich nicht ernst genommen werde. Dass es nicht okay ist, dass ich grad enttäuscht bin... Oder ich das zumindest nicht zeigen soll. Ich bin aber einfach noch nicht so weit, dass ich wieder positiv in die Zukunft schauen will. Ich will in dem Moment keinen Rat, sondern einfach meine Gefühle teilen und mich verstanden fühlen.
Ich kann es auch nicht gut aushalten, wenn Menschen, die ich mag, traurig sind. Und ich kenne den Impuls, dass ich dann ganz schnell aufmuntern will. Aber diese Situation erinnert mich daran, dass das nicht immer die beste Reaktion ist. Manchmal geht es nicht darum, gute Ratschläge zu verteilen, sondern erstmal mitauszuhalten, dass es gerade eben nicht gut ist. Das ist nicht leicht, aber ich find’s wichtig, dass auch negative Gefühle sein dürfen. Dass auch diese Gefühle ihren Raum bekommen. Denn nur dann fühle ich mich als Person, die diese Gefühle hat, auch ernst genommen. Klar, wäre es schön, wenn ein „Kopf hoch!“ reichen würde, damit ich wieder nach vorne schauen kann. Aber so ist es nicht und das ist auch ok. Und genauso ok ist es, wenn ich als Freundin nicht weiß, was ich darauf sagen soll. Es reicht, in dem Moment da zu sein. Und die Enttäuschung oder den Schmerz mitzutragen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=42256