Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP
„Fürchte Gott, tue recht und scheue niemand“. Bei einer Fahrradtour durch Franken habe ich diesen Spruch auf der Wand eines alten Fachwerkhauses gelesen. Darunter die Jahreszahl 1624.
„Fürchte Gott“, ich gebe zu mit diesem Satz habe ich lange Zeit große Schwierigkeiten gehabt. Vor Gott muss ich mich doch nicht fürchten. Er ist doch – wie Jesus ihn beschreibt - der gute Vater im Himmel. Ja, fürchten im Sinne von Angst haben, das muss nicht sein. Aber Fürchten im Sinne von Ehrfurcht haben und Achtung entgegenbringen, das ist sehr wohl angebracht. Wenn ich Gott achte und ehre, dann erkenne ich an, dass es da jemanden gibt, der größer ist als ich. Das schützt mich vor Größenwahn und Selbstverliebtheit.
Aus dieser Gottesfurcht folgt wie von selbst die zweite Aufforderung des Hausspruches: „Tue recht!“ Zumindest wenn ich mich an dem Gottesbild Jesu Christi orientiere. Denn hier sind Gottes- und Nächstenliebe untrennbar miteinander verbunden. Und zwar tätige Nächstenliebe, konkret heißt das: Tue recht, sorge dafür, dass die Güter dieser Erde so geteilt werden, dass alle satt werden.
Die dritte Aussage „scheue niemand“ ergibt sich auch aus „fürchte Gott“. Denn wer Gott fürchtet, wer Gott als die oberste Autorität anerkennt, der braucht sich keinem Menschen zu unterwerfen.
„Fürchte Gott, tue recht und scheue niemand.“ Die Sätze klingen vielleicht etwas altertümlich, aber sie sind einfach und geben Orientierung. Vor 400 Jahren, als der Dreißigjährige Krieg in Deutschland tobte, genauso wie heute.
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