Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP

21MAI2025
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Ich bin auf dem Kirchentag in Hannover und die Wege sind weit. Nach einem guten Frühstück im Hotel mache ich mich zu Fuß und mit der Straßenbahn auf den Weg zur Bibelarbeit. Ich bin noch unterwegs, da schreibt eine Freundin: „Die Kirche ist schon überfüllt.“ Ich überlege kurz, ob ich woanders hinfahren soll, entscheide mich dann aber doch für die überfüllte Kirche. Meine Freundin hat mir einen Platz vor der Kirche in der Sonne gesichert. Draußen an der Kirchenmauer sitze ich mit vielen anderen, um den Worten drinnen zu lauschen. Die Übertragung ist gut, aber noch viel besser ist es, dass ich hier in der Sonne sitze. Es ist der dritte Kirchentags-Tag und mir geht vieles durch Kopf und Herz. Was ich bisher gehört habe, hat eigene Themen in Bewegung gebracht. Und die brauchen Zeit, um sich zu sortieren. Und so wird mir der Platz in der Sonne zur Atempause.

Nach der Bibelarbeit treffe ich eine Kollegin, die ich lange nicht gesehen habe. Wir beschließen, gemeinsam zur Messe zu fahren. In ein paar Stunden mache ich dort Standdienst auf dem Markt der Möglichkeiten. Auf der Messe angekommen schlendern wir ein wenig hin und her und ich erzähle ihr, was in mir in Bewegung gekommen ist. Sie hört mir sehr aufmerksam zu. Schließlich sagt sie: „Lass uns doch mal hierhin setzen, ich habe noch Zeit.“ Sie hört weiter zu. Und sie stellt gute Fragen. So kann sich das, was in mir ist, weiter sortieren.

Mutig, stark, beherzt! Das war das Motto des Kirchentags in Hannover. An vielen Stellen bin ich dort gefragt worden: Wann warst du das letzte Mal mutig, stark und beherzt? An diesem Morgen war ich beherzt und habe meine unfertigen Gedanken erzählt. Und meine Kollegin war stark, weil sie gespürt hat, dass ich das jetzt gerade brauche. Aber war es auch mutig? Wenn mutig sein bedeutet, sich auch sehr verletzlich zu zeigen, dann war ich auch mutig. Und ich habe mitten in der Angebotsfülle einfach mal eine Pause eingelegt. Manchmal wachsen gerade aus den Pausen neue Möglichkeiten und machen den Aufbruch wieder möglich.

Meine Kollegin umarmt mich fest, dann gehe ich los zu meinem Standdienst und sie besucht das nächste Podium.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=42195
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