Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP
„Wer suchet, der findet!“ Dieser Spruch kommt mir leicht über die Lippen. Zuletzt erst, als meine Kollegin verzweifelt ihren Schlüssel gesucht hat. Wenn ich allerdings selbst alles auf den Kopf stelle und einen Ohrring oder was auch immer suche, dann sieht das schon ganz anders aus. Dann bin ich oft sehr verbissen, angespannt. Genervt. Ich sehe das verlorene Stück genau vor mir, kann es beschreiben, weiß wann und wo ich es das letzte Mal in den Händen hatte. Und verstehe nicht, warum ich es nicht finde. Den Spruch „Wer suchet, der findet“ höre ich dann gar nicht gern. Das klingt dann für mich so, als ob ich nur zu faul bin oder nicht gründlich genug suche.
Da gefällt mir ein Satz, der dem Künstler Pablo Picasso zugeschrieben wird, schon wesentlich besser: „Ich suche nicht – ich finde.“ Das klingt in meinen Ohren erst mal total entspannt. Ich suche nicht. Weder verkrampft noch mühsam, sondern kann gelassen und offen sein, für das, was kommt. Was mir begegnet. Was mir quasi in die Hände oder vor die Füße fällt. Ich stelle mir dabei nichts Konkretes vor; bin einfach offen für Unbekanntes und Neues. Und ich vertraue darauf, dass ich schon finden werde, was für mein Leben wichtig ist. Was ich brauche. Was mir guttut.
Ich suche nicht – ich finde. Mit den Worten und der Haltung starte ich gerne in den neuen Tag, - gelassen und neugierig auf das, was ich heute finden werde. Wer weiß? Vielleicht sogar ganz überraschend und ohne Stress den Ohrring, der mir abhandengekommen ist.
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