Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW
Ich höre meine Mutter noch, wenn morgens beim Frühstück bei uns das Küchenradio lief. Immer, wenn es in den Nachrichten um Krieg oder einen bewaffneten Konflikt ging, dann sagte sie: „Schickt die Verantwortlichen in die Wüste – da können sie sich in Ruhe den Schädel einschlagen. Und die normale Bevölkerung hätte ihre Ruhe.“
Ich höre sie noch, wie sie das sagt. Und wenn ich an die Konflikte von heute denke; auch an die Handelskriege und den Streit um Zölle und ums liebe Geld, anderswo aber auch bei uns… Dann denke ich manchmal auch: Ja, schickt die Streithähne einfach in die Wüste – oder auf den Mond oder sonst wohin. Oder sperrt sie in ein Zimmer und lasst sie erst wieder raus, wenn sie sich geeinigt haben…
Und genau so etwas wird heute, am siebten Mai gemacht. Heute beginnt in Rom nämlich die Wahl des neuen Papstes, das sogenannte „Konklave“ Dafür versammeln sich alle katholischen Kardinäle, die wahlberechtigt sind, in der Sixtinischen Kapelle – und dann wird die Tür hinter ihnen zugemacht. Genau das bedeutet nämlich das Wort „Konklave“ übersetzt: Es bedeutet „Geschlossener Raum“. Da drin bleiben die Kardinäle, solange abgeschottet, bis sie sich auf einen Kandidaten als neuen Papst geeinigt haben.
Eine Regel, deren Wurzeln bis ins Mittelalter zurückreichen. Und trotzdem passen sie ganz ausgezeichnet in unsere Zeit, finde ich: Die Verantwortlichen können sich nicht aus dem Weg gehen und können sich auch nicht vor einer Entscheidung drücken oder sie auf dem Rücken Unbeteiligter aussitzen. Nichts soll aus dem Konklave nach draußen dringen, damit sich niemand öffentlichkeitswirksam in Szene setzen kann. Und Einflüsse von außen – wie Zeitungen, Fernsehen oder Handys sind auch nicht erlaubt.
Jetzt stellen Sie sich mal vor: Wenn man das bei allen wichtigen Entscheidungen machen könnte. Zum Beispiel die Verantwortlichen für einen Krieg in ein Zimmer einsperren und erst wieder rauslassen, wenn sie bereit sind, Frieden zu schließen.
Schickt sie am besten in die Wüste – da könne sie sich in Ruhe die Schädel einschlagen – hat meine Mutter früher gesagt. Aber so einfach ist es natürlich leider nicht. Und trotzdem finde ich, dass die Idee vom Konklave – dem geschlossenen Raum – etwas für sich hat. Wenn alle, die wichtige Entscheidungen zu treffen haben, sich auch mal ins stille Kämmerlein zurückziehen würden. Auf Augenhöhe anderen begegneten. Und sich nicht ablenken lassen würden – bis eine Entscheidung getroffen ist.
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