SWR3 Gedanken
Die selbstgebaute Legorakete meines Sohns hat mir schon den letzten Nerv geraubt. Seit Wochen liebt Matteo alles, was mit Weltraum zu tun hat, vor allem sein Spaceshuttle aus Lego. Das muss ich gefühlt jeden Tag mit ihm zusammenbauen und die Hälfte der Teile unterm Sofa rausziehen.
Aber jetzt hat unser dreijähriger Matteo damit einen echten Hammer gebracht. Er rennt mit dem Teil durch die komplette Wohnung und ruft: „Hey Papa, komm wir fliegen damit hoch bis zu Uropa.“ Sofort muss ich schlucken, denn sein Uropa ist noch gar nicht lange tot. Matteo schnappt meine Hand und zerrt mich ins Spielzimmer. Dann erklärt er mir nochmal genauer: „Weißt du Papa, mein Spaceshuttle kann ganz weit hoch in den Himmel fliegen. So weit! Bis zu Uropa Bernhard.“
„Wow, soweit kann das fliegen, das ist aber toll.“ antworte ich. Mein Sohn blickt mich voller Stolz an: „Mhm, der Uropa ist jetzt im Himmel ganz weit oben, oder?“ Ich darauf: „Ja, das hoffe ich.“
Trauern ist nicht leicht. Schon gar nicht im Kinderzimmer. Mein Glaube ist dabei auch ein bisschen wie eine Legorakete. Er schiebt mich immer wieder an und gibt mir die Hoffnung, dass unser Uropa nun an einem besseren Ort ist. Aber so eine Legorakete kann auch mal kaputt gehen. Gerade wenn ich trauere, habe ich oft Zweifel, da fließen auch Tränen und ich muss irgendwelche kaputten Teile in mir drin wieder einsammeln.
Doch das Schöne an Lego und auch an meinem Glauben ist, dass ich einzelne Bausteine niemals wegschmeißen muss. Was irgendwo rausgebrochen ist, kann ich wieder zu was Neuem zusammenbauen. Im Kinderzimmer übe ich jeden Tag, wie das geht.
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