SWR3 Gedanken
Ein Datum oder Tag kann eigentlich kein Stolperstein sein, klar! Aber der heutige Tag ist genau das! Der 8. Mai ist ein Stolperstein in meinem Kalender. Ein Termin, der auffällig „quer liegt“ und an dem ich irgendwie hängen bleibe. Natürlich gibt es x Gedenktage und die meisten gehen an mir vorbei. Aber dieses 80. Jubiläum heute kann und will ich nicht übersehen. So wie die unzähligen goldenen Stolpersteine, die an so vielen Stellen in den Straßen verlegt sind und an die vielen Opfer des NS-Regimes erinnern.
Heute vor genau achtzig Jahren hat Deutschland kapituliert, und damit war der zweite Weltkrieg und die grauenhafte NS-Diktatur endlich vorbei. Das ist ein Ereignis, das gefeiert werden soll, und ich frage mich sofort: „Wie soll das gehen?“ Sicher nicht mit Sekt und Party, eher eben mit Stolpern. Denn wenn ich stolpere, halte ich inne, und schau zurück, was da quer liegt und mich irgendwie aus dem Tritt gebracht hat. Ich will wissen, wie diese unsagbare Katastrophe passieren konnte. Wie es dazu kam, dass unser Land von Hass und Menschenverachtung regiert wurde. Und natürlich was ich heute tun kann, damit so etwas nie wieder passiert. Dafür möchte ich mich heute bücken. Auch wenn es mühsam ist. Ich will bewusst die Namen der vielen Opfer und ihre Geschichte auf den Stolpersteinen lesen.
Gleichzeitig werde ich heute auch feiern. Ich werde feiern, dass dieser Tag Millionen Menschen von Krieg, Hass und Gewalt befreit hat. Und ich feiere heute auch alle, die sich engagieren. Für Vielfalt, Gerechtigkeit und Frieden.
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