SWR3 Gedanken
Meine Schülerin Maria aus der 11. Klasse ist echt clever. Ich bin ihr Religionslehrer und unter eine Frage in der Klassenarbeit hat sie diese Gegenfrage geschrieben: „Wie können Sie an Gott glauben, wenn so viel Schlechtes passiert?“ Puh, was soll ich darauf nur antworten? Da stecken ja noch ein paar andere Fragen drin, zum Beispiel: Ist Gott wirklich gut? Kann er wirklich alles? Wenn ja, warum verhindert er dann nicht das Leid in der Welt?
Auf die ganzen Fragen hab ich keine schnellen Antworten, aber ich kenne eine Szene aus der Bibel, die mir da wichtig ist. Da trifft Mose auf Gott und fragt ihn nach seinem Namen. Der antwortet ganz schlicht: „Ich heiße: Ich bin da.“ Mose ist erst verwirrt, aber dann kapiert er: bei dem Namen geht’s um ein Versprechen: „Wenn es dir schlecht geht, wenn du Angst hast oder an dir zweifelst. Ich bin da.“
Meine Antwort auf Maria´s Frage könnte also lauten: „Ich kann an Gott glauben, weil er diesen besonderen Namen hat. Mein Gott kann zwar nicht alles Leid in der Welt verhindern oder alles Schlechte wegzaubern, aber er versichert mir: „(Hey,) ich lass dich nicht im Stich.“
Wenn ich so an Marias schwieriger Frage rumdenke, kommt mir noch eine andere Frage. Die geht direkt an mich und heißt: „Bin ich auch da?“ Vielleicht für einen Kumpel, der sich gerade getrennt hat? Für den Jungen, der an der Bushaltestelle neben mir gemobbt wird. Oder für die Vielen, denen es schlecht geht und die niemand sieht, weil sie am Rand stehen.
Da kann ich wie Maria fragen „Wo bist du, Gott?“, und „Wo bin eigentlich ich?“
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