SWR3 Gedanken

05MAI2025
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Im Fitnessstudio drückt Nico neben mir mit letzter Kraft seine Langhantel in die Luft. Nico ist ein richtiger Muskelprotz und sein Coach neben ihm pusht ihn gnadenlos: „Komm, einer geht noch“. Aber Nicos Gesichtsausdruck sagt was anderes, der will nur noch eins: Gnade.

Was für ein verstaubtes Wort! Damit kann wohl kaum jemand was anfangen, mit „Gnade“. Vielleicht, weil wir oft das Gegenteil davon erleben. Ob gute Noten in der Schule, ein besser bezahlter Job oder eben seinen Körper im Fitnessstudio auf Hochleistung zu trimmen. Da gehen viele an ihre Leistungsgrenzen und auch mal darüber hinaus. Für so was wie Gnade ist da nur wenig Platz.

Das Leben scheint nach dem Prinzip „Tun, Haben, Sein“ zu funktionieren. Erst muss ich was tun, zum Beispiel Gewichte stemmen im Fitnessstudio. Dadurch habe ich dann größere Muskeln und einen athletischen Körper. Und nur dann erst bin ich scheinbar jemand.

Mein Glaube an Gott stellt so eine Denke radikal auf den Kopf. Mit Gott ist es nämlich genau anders herum. Sein, Haben, Tun. Ich bin schon jemand, weil ich glaube, dass Gott von Anfang an hinter mir steht. Das gibt mir einen Wert und genau daraus kann ich handeln und etwas tun. Auch ohne gute Noten, einen gutbezahlten Job oder kräftige Muckis habe ich einen Wert.

Klar, motiviert mich Gott auch, dass ich Gas gebe für ein gutes Leben. So wie Nicos Coach im Fitnessstudio. Aber wenn ich das mal nicht schaffe, dann gibt’s bei Gott immer auch eins: eben Gnade.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=42093
weiterlesen...