SWR Kultur Wort zum Tag

30APR2025
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Ich hab’s nicht so mit Geistern und Hexen. Und auch in der kommenden Nacht werde ich hoffentlich gut schlafen. Trotz der Walpurgisnacht und all ihrem Spuk. Aber natürlich erinnere ich mich an die ländliche Welt meiner Kindheit. Dort wurden in dieser Nacht immer ein paar Gartentore ausgehängt und irgendwo versteckt. Manchmal konnte man auch eine Sitzbank oben auf einer Garage wiederfinden. Eigentlich nur Streiche von ein paar Jugendlichen. Der letzte Rest einer Vorstellung von dunklen Mächten, denen es darum geht, alles Vertraute und Gewohnte durcheinander zu wirbeln. Und vermutlich werden wir morgen früh wieder von unschönen Szenen hören. In manchen Städten verwandelt sich in dieser Nacht die Lust auf Streiche leider in Exzesse und Zerstörungswut. 

Sind sie also doch noch irgendwie wirksam – diese Mächte, die alles verhexen und durcheinander wirbeln wollen? Die gegenwärtige Weltlage will es einen ja fast glauben machen. Und die Hexenmeister der Gegenwart zündeln allemal mehr und gefährlicher als die harmlosen Geisterwesen, deren Geschichten sich um die Walpurgisnacht ranken. Walpurga - eine Äbtissin aus dem 8. Jahrhundert -, nach der diese Nacht benannt ist, hatte mit Spukgeschichten übrigens auch nichts am Hut.

Ich beschwöre heute die Gegenkräfte zu dieser aktuellen Hexenmeisterei. Ganz praktische, politische. Dazu zähle ich: Sich zeigen und Position beziehen. In Gesprächen, in Demonstrationen, manchmal vielleicht auch in Leserbriefen. Meine stärkste Gegenkraft erwächst mir aus meinem Glauben. Gerade weil ich‘s nicht mit Hexen habe, wird mir immer wieder klar, dass die vermeintlich so mächtigen Hexenmeister des Bösen in der Gegenwart, die Putins, die Trumps und wie sie alle heißen, auch nur mit Wasser kochen. Dass sie zwar über Macht, aber über keine besonderen Kräfte verfügen. Nein, ich möchte sie nicht ernster nehmen, als es ihnen zusteht. Weil sie eben nicht die Herren der Welt sind. Ihre Macht ist begrenzt. Und ihre Zeit ist endlich. Ich vertraue da lieber dem, den die Kirche als ihren Herrn bekennt. Daraus gewinne ich eine bleibende Zuversicht, die nicht nur gebannt auf die nächste Nacht starrt, sondern auf alle Tage und Nächte, die noch folgen. Auf die Zeit, die in Gottes Händen liegt. Im Moment wird sie ganz schön strapaziert, meine Zuversicht. Aber sie hält fürs erste. In der Walpurgisnacht. Und danach auch.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=42091
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