SWR Kultur Lied zum Sonntag
In unserem Lied zum Sonntag heute steckt viel: eine Überraschung, ein Schock und alles, was daraus folgt. Es ist das sogenannte „Benedictus“, das wir zunächst in einer alten Fassung hören.
1) Benedictus qui venit in nomine Domini
Osanna in excelsis.
„Benedictus“ – das heißt „Gepriesen, gelobt oder gesegnet“. Mit diesem Lobgesang beginnen Ordensleute jeden Morgen ihren Tag, so als sei es selbstverständlich aufzustehen und gleich Gott zu loben. Aber das ist es nicht. Jedenfalls wird das in der Bibel so beschrieben, genau an der Stelle, an der erzählt wird wie das „Benedictus“ entstanden ist.
Da sind Elisabeth und Zacharias, ein altes Ehepaar. Die beiden sind sehr gläubig und konnten leider keine Kinder kriegen. Und jetzt kommt die Sache mit der Überraschung: Der Engel Gabriel höchstpersönlich kommt zu Zacharias und sagt ihm auf den Kopf zu: „Elisabeth ist schwanger, das Kind kommt von Gott und es wird einen ganz besonderen Auftrag von ihm erhalten.“ Da verschlägt es Zacharias die Sprache, er ist geschockt. Und zwar so sehr, dass der alte Mann neun Monate lang verstummt, bis das Baby endlich auf der Welt ist. Aber dann findet er wie durch ein Wunder seine Sprache wieder…
2) …und Zacharias sang erfüllt vom Heiligen Geist:
Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels!
Denn er hat sein Volk heimgesucht und ihm Erlösung bereitet.
Der alte Zacharias hat sein Leben lang Gott gelobt und war sich dabei hundertprozentig sicher, dass Gott wirkt und die Menschen begleitet. Aber als Gott dann wirklich in sein Leben einbricht, muss er sein Loblied erst wieder neu finden. Was scheinbar selbstverständlich war, ist es eben doch nicht.
Dazu passt auch ein anderes „Benedictus“, das traditionell im Gottesdienst gesungen wird. Es kommt in der katholischen Messe kurz bevor die Hostien in heiliges Brot verwandelt werden. Das ist eine ganz mystische Stelle im Gottesdienst und so richtig begreifen kann wohl niemand, was da genau passiert. Dass ich Gott quasi mit dem Brot in mir aufnehme, ich ihm Raum gebe, dass er sich mit mir verbindet und mich bestenfalls wandelt.“ Das ist nicht selbstverständlich, darüber muss mir auch als Gläubige jedes Mal wieder neu klar werden. Und zu dieser Gelegenheit kommt dieses „Benedictus“.
3) Benedictus, Benedictus
Benedictus, Benedictus qui venit in nomine Domini.
Wie festlich klingt diese Version mit den Bläsern, sie stammt vom niederländischen Komponisten Jacob de Haan. Ich leite einen Chor und der liebt diese Musik. Unzählige Male haben wir schon im Gottesdienst gesungen, aber bei diesem Benedictus wird das Selbstverständliche zu etwas Besonderem. Eine Sängerin hat es mir so erklärt: „Wenn wir das singen, dann kommt es mir so vor, als ob Gott selbst wirklich kommt.“
4) Benedictus qui venit in nomine Domini.
Hosanna, Hosanna in excelsis.
Quellen: 1) M0233523 Sanctus – Benedictus Hilliard Ensemble
2) O du Weisheit, Peter F. Schneider, Ensemble Biblische Lieder,
Titel: Gepriesen sei der Herr, 01.009
3) Missa Brevis, The Symphonic Band and Choir of the
Lemmens Conservatory, Track 5, DHR 04.013-3, LC 1530
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