SWR3 Gedanken
„Das ist doch alles bloß inszeniert – ich finde es viel besser, wenn es authentisch ist“. Gerade habe ich mit Freunden über einen Instagram-Kanal diskutiert. Bei dem steckt hinter jedem Bild gefühlt ein halber Arbeitstag. Alles gut ausgeleuchtet. Die Requisite sorgfältig ausgewählt, Mimik und Haltung perfekt abgestimmt.
Inszenierung und authentisch sein – das geht für viele nicht zusammen. Ist das wirklich ein Gegensatz? Ich bin mir da nicht ganz so sicher. Denn eigentlich ist doch jedes Bild, das auf Instagram landet, eine kleine Inszenierung.
Ich denke an eine Influencerin. Sie postet ein Foto von sich, scheinbar nebenbei und spontan. Darauf hat sie Tränen in den Augen. Ist das wirklich spontan und damit authentisch? Nein, denn diese Influencerin hat sich bewusst so fotografiert. Diesen Moment der Tränen will sie festhalten. Dann hat sie sich noch einmal bewusst entschieden, dieses Foto zu teilen. Sie möchte sich im Alltag verletzlich zu zeigen. Sie inszeniert sich damit also - und ich finde: authentisch.
Deshalb finde ich es nicht fair, einfach nur zu sagen: „Das eine ist authentisch, das andere nicht.“ Beide Arten – die inszenierte und die scheinbar „echte“ – sind eine Form der Inszenierung.
Für mich ist Authentizität also nicht das wichtigste Kriterium, um einen Instagram-Kanal zu bewerten. Was wirklich zählt, ist Transparenz: Wird die Person für ihre Beiträge bezahlt? Gehört sie vielleicht einer bestimmten Gruppe oder Weltanschauung an, etwa einer Kirche oder steckt ein Unternehmen dahinter? Und vor allem: Wird klar, dass das, was ich sehe, inszeniert ist – auf die eine oder andere Weise?
Am Ende geht es nicht nur um den Schein von Authentizität, sondern darum, wie ehrlich jemand mit seinen Followern umgeht. Nur dann kann ich wirklich nachvollziehen, was hinter einem Bild oder Beitrag steckt.
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