SWR4 Sonntags-/Feiertagsgedanken

11MAI2025
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Fachleute sind gefragt. Im Radio, im Fernsehen, in der Zeitung – jeden Tag erklären sie uns die Politik, die Wirtschaft oder eine Gesundheitsfrage. Schon faszinierend, wie die Redaktionen immer wieder jemanden finden, der Bescheid weiß!

Das hätte ich gerne auch in meinem Alltag. Wenn ich nicht weiterweiß. Wenn eine wichtige Lebensentscheidung ansteht. Wenn es eng und schwierig wird. Wenn es mal nicht um die großen Fragen der Welt geht, sondern um die für mich nicht weniger großen meiner persönlichen Welt.

Aber wenn ich so darüber nachdenke: Auf eine Expertin konnte ich doch von Anfang an immer wieder zurückgreifen – auf meine Mutter. Wenn ich als Kind Kummer hatte. Oder später, als ich nicht wusste, was ich studieren soll. Bei allen größeren und kleineren Fragen des Lebens. Und noch später – als meine eigenen Kinder mit ihren Sorgen und Problemen kamen: Da hatte ich auch immer eine Expertin an meiner Seite, nämlich meine Frau. Natürlich wusste sie auch nicht immer weiter. Aber eines habe ich an ihr immer bewundert: Wie sie trösten konnte. Das tut sie heute noch, wo die Kinder längst erwachsen sind.

Ich glaube wirklich, im Trösten sind Mütter von Natur aus Expertinnen. Meist ein Leben lang, dann auch als Großmütter oder Urgroßmütter. Es gibt auch Mütter, die das nicht so gut können. Und leider auch welche, die das nicht einmal wollen. Vielleicht haben sie selber von ihrer eigenen Mutter zu wenig bekommen. Aber trotzdem: Trösten – das gehört doch schon immer zum Bild einer Mutter dazu!

Ja, nicht jede Mutter kann es gleich gut. Und natürlich können auch Väter und Großväter trösten. Einige können das sogar richtig gut! Aber – in der Regel kann die Mama es doch besser. Sie weiß genau, was hilft. Was gerade jetzt gefragt ist. Und die Oma, die kennt dann gleich noch ein Sprüchlein oder einen Liedvers. „Heile heile Segen.“ Und es wird wieder gut.

Auch erwachsene Kinder brauchen solchen Trost immer wieder. Wenn die Ehe in die Brüche geht. Wenn der Arbeitgeber einem kündigt. Oder wenn etwas richtig Schlimmes passiert. Eine schwere Krankheit. Ein Todesfall. Die Mutter tröstet, hört zu, gibt einen Rat. Ich kann mich ausweinen, aussprechen.

Heute, am Muttertag – da frage ich mich: Geben wir diesen Expertinnen eigentlich den Platz, der ihnen zusteht? Unsere Welt, die ist doch schon zuweilen recht trostlos. So vieles macht Angst, tut weh, löst Leid und Schmerz aus. Und hier, mitten unter uns, sind haufenweise Expertinnen! Sollten die nicht viel mehr beachtet werden? Damit die Welt getröstet wird?

Damit meine ich gar nicht einmal, dass Mütter gleich die Welt regieren sollen. Mir würde es schon reichen, wenn sie immer wieder um Rat gefragt werden, wenn es wirklich wichtig ist. Wenn sozusagen jeder Tag im Jahr ein Muttertag wäre. Wenn Mütter nicht nur einmal im Jahr einen Blumenstrauß bekommen würden. Sondern, wenn sie jeden Abend zur besten Sendezeit gefragt würden. Als Expertinnen: „Was leisten Sie – so nebenbei? In der Pflege Ihrer eigenen Eltern? Oder für die Bildung Ihrer Kinder? Was sagen Sie dazu, dass Ihre Kinder in den Krieg ziehen sollen?“

Wer fragt die Mütter? Etwa in einer Wirtschaftskrise, von der sogar die Milliardäre etwas merken – denn die stößt ärmere Menschen richtig in Not und Elend. Da sollte in der Tagesschau oder in der Radiosendung zwischen der Musik eine Mutter befragt werden: „Was heißt das für Sie und für Ihre Familie? Welche Erwartungen, welche Forderungen hätten Sie jetzt an Wirtschaft und Politik? Und welchen Rat würden Sie den Mächtigen mit auf den Weg geben?“

Und am nächsten Tag hieße die Schlagzeile auf allen Titelseiten: „Mutter fordert bezahlbare Lebensmittel!“ Oder: „Mütter für Gerechtigkeit in der Pflege“. Oder auch: „Weltmüttergipfel legt Friedensplan für die Ukraine vor“. Und an den Vorschlägen und Ratschlägen dieser Expertinnen käme keiner so leicht vorbei!

Wie viel mütterlicher, wie viel barmherziger sähe es da auf der Welt aus! Überhaupt: Barmherzigkeit. Das ist in der Bibel ein ganz wichtiges Wort. Ständig ist von Gottes Barmherzigkeit die Rede. Barmherzigkeit ist Gottes mütterliche Seite. Genauso wie das Trösten. „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet“, sagt Gott einmal. Ohne Trost und Barmherzigkeit funktioniert die Welt einfach nicht. Davon erzählt die Bibel immer wieder.

Ja, davon muss einfach immer wieder die Rede sein. Nicht nur am Muttertag. Und überhaupt nicht nur an den Sonntagen. Immer. Und nicht nur geredet werden soll davon – wir brauchen Menschen, die barmherzig sind und die trösten können. Überall. Also brauchen wir überall Mütter, die das können und die anderen gerne zeigen, wie das geht. Damit unsere Welt mütterlicher wird.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Muttertag!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=42039
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