SWR Kultur Wort zum Tag

25APR2025
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Ich war enttäuscht. Kein einziges Mädchen hatte sich bei mir gemeldet, um den Beruf des Pfarrers kennenzulernen. Am Girl’s Day Anfang des Monats. Der ist unter anderem dazu da, dass Mädchen in einen Beruf hinein schnuppern, der nicht zum Standardrepertoire des eigenen Geschlechts gehört. Also Fliesenlegerin, Schornsteinfegerin, Metzgerin oder eben auch Pfarrerin. Nun gibt’s da allerdings in der Katholischen Kirche ein Problem. Die meisten Verantwortlichen wollen gar nicht, dass sich Girls für diesen Beruf interessieren. Von Rom aus ist das Amt des Priesters für Männer reserviert. Und ich werde daran nichts ändern, auch wenn ich persönlich anderer Meinung bin. Ich glaube, dass Frauen dazu genau so berufen sind wie Männer. Weil für die Frage, wer Jesus nachfolgen kann, das Geschlecht keine Rolle spielt. Und ich meine: Auch Jesus hätte es so gesehen, wenn damals diese Frage eine Rolle gespielt hätte. Frauen haben selbstverständlich zum Kreis derer gehört, die mit ihm in Galiläa auf Wanderschaft waren. Aber das nützt ja nichts. Auch wenn inzwischen sogar einzelne Bischöfe sich für diesen Gedanken öffnen, es sogar öffentlich sagen. Im Moment sieht es nicht danach aus, als würde sich daran etwas ändern.
Trotzdem war ich enttäuscht. Sogar ein bisschen niedergeschlagen, wenn ich mir vorstelle, wie das in ein paar Jahren sein wird, wenn ich mal in Pension gehe und kaum jemand nachkommt. Jungs ja auch so gut wie nicht. Und gleichzeitig ist mir klar, dass ich das niemand zum Vorwurf machen kann. Schon gar nicht einer 16-Jährigen, die natürlich klug genug ist zu wissen: „Das wird nichts, wenn ich darauf meine Zukunft aufbaue. Die wollen mich ja gar nicht.“
In meinem Kopf prallen da zwei Welten aufeinander. Und das tut weh! Ich wünsche mir, dass sich mehr für diesen Beruf interessieren. Auch junge Frauen. Weil es ein wunderbarer Beruf ist. Gerne würde ich meiner Schülerin Miriam erzählen, wie ergreifend es ist, ein altes Ehepaar zu besuchen. Sie haben Goldene Hochzeit, wollen ihr Eheversprechen von einst nochmals erneuern nach so vielen Jahren, und ich darf ihnen zusprechen, dass Gott weiterhin mit ihnen auf dem Weg bleibt. Ich würde darüber sprechen, wie tief es mich bewegt, am Bett einer kranken Frau zu sitzen, deren Kräfte zunehmend schwinden. Ich halte manchmal ihre Hand, wir lächeln und sprechen wenig. Und ich würde wohl ein wenig davon schwärmen, wie faszinierend es auch nach dreißig Jahren noch ist, die vielen verschiedenen Hände der Menschen zu sehen, auf die ich die Heilige Kommunion lege.
Ich weiß nicht, ob ich Miriam noch als katholische Priesterin erlebe. Girl’s Days wird es auch in Zukunft geben. Und die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.

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