SWR Kultur Wort zum Tag

16APR2025
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Manchmal muss man das Leben einfach feiern. Jesus hat das zwei Tage vor seinem Tod erlebt. Er ist bei einem wohlhabenden Freund eingeladen, als überraschend eine Frau den Raum betritt. Sie gießt Jesus wertvollstes Öl über den Kopf, eine Kostbarkeit. So teuer, dass ein Tagelöhner dafür ein ganzes Jahr lang hätte arbeiten müssen. Der Raum dürfte mit dem Duft des Öls geflutet worden sein.

Und: Die Frau schenkt Jesus noch mehr als kostbares Öl. Seine Botschaft ist bei ihr angekommen. Sie handelt, als ob sie jetzt schon Teil der kommenden Welt Gottes ist, von der Jesus mit aller Kraft erzählt hat auf der wilden Reise seines Lebens. Sie feiert das Leben!

Sofort flammt Empörung auf. Wenn man das Öl verkauft hätte, statt es so zu verschwenden, dann hätte man das Geld den Armen geben können.

Jesus stellt sich schützend vor die Frau. Er lässt zu, dass sie überschwänglich ist, voller Hingabe. Verschwenderisch, überfließend wie die Liebe Gottes, von der er so oft gepredigt hat. Mit dem Duft der Salbe entfaltet sich eine Ahnung im Raum: So könnte es sein, wenn die Welt für Augenblicke so ist, wie Gott sie einmal gewollt und geschaffen hat: Wohltuend, voller Liebe und Hingabe. Ohne Krieg und Schmerz. Eine Welt in Frieden. Duftend. Und Gott sah, dass es gut war.

Diese Begegnung der Frau mit Jesus beim Festmahl gibt mir zu denken: Vergiss über dem Einsatz für die Gerechtigkeit das Leben nicht. Oder um es mit den Worten des Liederdichters Wolf Biermann zu sagen: Du, lass dich nicht verbittern in dieser bittern Zeit.

Der Einsatz für eine bessere Welt kann nämlich auf Dauer auch ermüden. Wenn alles Engagement fruchtlos erscheint, wenn immer wieder die triumphieren, die sich selbst an die erste Stelle setzen. Wenn die Kriegstreiber und Diktatoren unbeirrt töten und siegen. Dann kann das hart machen, humorlos und traurig.

Mir scheint: Für alle, die es ernst nehmen mit der Botschaft Jesu, die sich nicht abfinden wollen mit den Ungerechtigkeiten dieser Welt und zugleich darüber müde geworden sind, für sie ist diese Geschichte der Frau mit dem Salböl bewahrt worden.

Du, lass dich nicht verbittern! Lebe! Liebe!

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