Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW
Ich bin im Experimentier-Museum auf ein total interessantes Spiel gestoßen. Während die Kinder Zahnräder zum Laufen und Glühbirnen zum Leuchten bringen, suchen meine Frau und ich nach einer Entspannung. Und die finden wir auch – für Füße und Gehirn. In einer Ecke liegen ein paar Sitzsäcke, auf denen wir es uns bequem machen. Sie sind Teil eines Spiels für Erwachsene, die auf die Kinder warten. Es heißt „Mindball“ und ist ein Entspannungswettbewerb – gerade das richtige für uns.
Zuerst muss man sich ein Stirnband mit Sensoren aufsetzen. Damit wird gemessen, wie aktiv die Hirnströme sind. Und dann geht´s los: Je weniger man denkt desto besser. Desto schneller bewegt sich nämlich ein Ball in die Hälfte des anderen auf eine Ziellinie zu. Und wessen Ball als erstes über die Ziellinie geht, der gewinnt und wird mit einem Piepton und einem Punkt belohnt. Dazu eine blecherne Stimme: „Gratulation, Sie haben gewonnen!“
Das hört sich eigentlich ganz leicht an, ist es aber gar nicht. Die ersten Runden gehen alle an meine Frau - egal, wie bequem ich mich in den Sitzsack fläze oder versuche abzuschalten. Irgendwann hab ich meine Frau gefragt, wie sie das macht, dass sie immer gewinnt. Und etwas widerwillig hat sie ihr Erfolgsrezept verraten: „Schatz, du musst einfach ganz bewusst ein- und ausatmen.“
Da ist mir ein Trick der Ordensleute eingefallen. Wenn die meditieren, dann atmen sie auch ganz bewusst. Sie versuchen an gar nichts zu denken. Und wenn sich doch ein Gedanke einschleicht, dann versuchen sie ihn beim Ausatmen höflich wieder zu verabschieden. Zum Beispiel so: „OK, liebe Grübelei, schön dass du meine Gedankenwelt besuchst, aber jetzt darfst du auch gerne wieder weiterziehen.“ Die Ordensleute möchten sich mit dieser Methode frei machen von allem, was sie dabei stört, sich auf Gott zu konzentrieren. Sie waren immer überzeugt, dass Gott sich im Menschen drin finden lässt, tief in seinem Innern. Und wenn ich alles ausblende, was mich von mir selbst ablenkt, dann kann ich auch besser verstehen, was Gott mir mitteilen möchte.
Ich hab´s dann im nächsten Mindball-Match gegen meine Frau direkt ausprobiert: Augen zu, schön tief in den Bauch rein atmen, an gar nichts denken, und alle störenden Gedanken beim Ausatmen höflich wieder verabschieden und – Piiiiep, „Gratulation, Sie haben gewonnen!“ Wow! Gott ist mir beim Mindball zwar nicht begegnet, aber vielleicht beim nächsten Versuch, an rein gar nichts zu denken.
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