Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW
Kleine Kinder, kleine Sorgen – große Kinder, große Sorgen, sagt man. So ganz kann ich den Satz nicht unterschreiben. Aber es ist schon etwas dran.
Klar, vieles wird erstmal leichter, wenn die Kinder groß sind. Wenn man abends wieder einfach entspannt aus dem Haus gehen kann. Oder auch mal was Grünes kochen und niemand meckert… wunderbar!
Aber, das merke ich, bei mir und im Freundeskreis: Jugendliche und erwachsene Kinder zu begleiten, wenn sie ihre eigenen Lebensentscheidungen treffen, ist auch nicht immer leicht. Weltschmerz, Enttäuschungen, Umwege, Irrwege und auch Scheitern mitanzusehen und dabei nur noch bedingt helfen zu können – das kann schon Kraft kosten.
In diesen Tagen vor Ostern muss ich da manchmal an Maria denken. Die Mutter von Jesus, meine ich. Unzählige Kunstwerke zeigen sie als junge Frau, sanft lächelnd, und mit einem properen Säugling im Arm – das perfekte Mutterglück. Aber Maria spielt in der Bibel nicht nur bei der Geburt von Jesus eine Rolle. Wie jede Mutter begleitet sie ihren Sohn weiter. Ab und an erzählt die Bibel, wie sie ihren erwachsenen Sohn trifft. Liebevoll behandelt er sie da nicht, nicht einmal besonders respektvoll. Auch seine Geschwister interessieren ihn nicht sonderlich. Seine eigentliche Familie, sagt er einmal, sind seine Freunde, die mit ihm unterwegs sind und nach Gottes Willen leben.
Maria schaut also eher aus der Ferne zu, was ihr Sohn tut. Sieht, wie er Menschen inspiriert, ihnen hilft, sie ins Leben zurückholt und ihnen zeigt, was Gemeinschaft bedeutet. Ob sie auch ein wenig stolz war auf ihn?
Aber Maria sieht auch, wie Jesus sich auf seinem Weg Feinde macht, sich in Gefahr bringt. Sie ahnt vermutlich, was auf ihn zukommen wird – und kann es nicht verhindern. Und am Ende muss sie mitansehen, wie ihr Sohn am Kreuz stirbt.
Auch in ihrem Schmerz ist Maria in der Kunst oft dargestellt worden. Weinend – oder auch vor Kummer ganz erstarrt. Ich denke, weil auch die Künstler so gut mit Maria mitfühlen konnten.
Maria hat es mit ihrem besonderen Sohn als Mutter besonders schwer gehabt. Schon bei seiner Geburt war sie aber auch darauf vorbereitet: Dass sein Weg ein außergewöhnlicher sein würde. Man darf den Vergleich also nicht überspannen. Aber was Maria doch mit allen Eltern verbindet, ist das: Egal, wie alt unsere Söhne oder Töchter sind – sie bleiben unsere Kinder. Wir begleiten sie – zumindest innerlich. Wir leiden mit ihnen – und freuen uns mit ihnen. Und können meist nur hoffen, dass sie einen guten Weg für sich finden.
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