Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

10APR2025
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„Heute gehe ich zu meiner Fußpflegerin!“ Die alte Dame, die mir das erzählt, ist sichtlich zufrieden. Sie ist in letzter Zeit sehr vergesslich geworden, das Leben wird kompliziert. Die Fußpflege gibt im unsicheren Alltag Halt. Die freundliche Fußpflegerin kümmert sich nämlich nicht nur sorgfältig um Nägel und Hühneraugen. Sie strahlt auch viel positive Energie aus. Und sie erinnert an jede Verabredung mehrfach auf verschiedenen Kanälen. Einmal hat sie die Seniorin damit sogar gerettet. Nach einem Sturz ist die alte Dame nicht mehr auf die Beine gekommen. Als die Fußpflegerin sie nicht erreichen konnte und die Seniorin auch nicht zum Termin gekommen ist, hat sie bei der Familie Alarm geschlagen.

Ja, Fußpflege ist mehr als nur Nägelschneiden. In der neuen Fernsehserie Marzahn Mon Amour kann man darüber schmunzeln. Aber es stimmt ja: Wenn sich jemand um die Füße kümmert, bekommt der ganze Mensch ein bisschen Zuwendung. Und das tut gut.

Sich um die Füße von anderen Leuten zu kümmern – darauf haben allerdings nicht so viele Leute Lust. Besonders, wenn diese Füße nicht in Bestform sind. In der Antike war es in guten Häusern die Aufgabe von Dienern, Gästen bei Ihrer Ankunft Schweiß und Staub von den dreckigen Füßen zu waschen. Ein kleiner Wellnessmoment – outgesourct an unterbezahltes Personal.

Von Jesus wird erzählt, dass er diese Arbeit selbst übernommen hat. Am Tag vor seinem Tod legt plötzlich sein Obergewand ab, bindet sich eine Schürze um und kniet sich auf den Boden. Und dann fängt er an, seinen überraschten Jüngern die dreckigen Füße zu waschen. Die wollen ihn davon abhalten: „Das geht doch nicht“, sagen sie, „du bist unser Lehrer, nicht unser Diener.“ Aber Jesus sagt: „Ja, ihr habt recht. Aber ich gebe euch damit ein Beispiel. So wie ich sollt ihr es auch machen. Wascht euch untereinander die Füße. Tut einander etwas Gutes. Seid euch nicht zu schade dafür.“

Die Fußpflegerin der alten Dame, von der ich erzählt habe, macht es jedenfalls wie er. Sie ist sich nicht zu schade, sich um Füße zu kümmern, die nicht mehr in Bestform sind. Und um die Menschen gleich mit. Sie wendet sich ihren Kundinnen und Kunden ganz zu – und sie macht ihre Arbeit so, dass es für sie angenehm ist. Letztlich schaut sie sogar danach, dass niemand verlorengeht.

Ein Beispiel habe ich euch gegeben, hat Jesus gesagt. Dort wird es befolgt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=41926
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