Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP

11APR2025
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Neulich sehe ich, wie ein junges Paar sich voneinander verabschiedet. Nur so nebenbei - in ein, zwei Stunden sehen sie sich wahrscheinlich schon wieder. Aber trotzdem - fast schon im Loslaufen - strecken sie noch einmal den Arm nacheinander aus, und flüchtig berührt eine Hand die andere.

An diese kleine, zärtliche Berührung muss ich denken, wenn übermorgen die Karwoche beginnt. Sie erinnert an die letzten Tage von Jesus in Jerusalem. Dorthin aufzubrechen, muss für ihn furchtbar gewesen sein. Jesus wusste ja, was ihn erwarten würde – dass er sterben würde. Die Bibel erzählt von einer eher kleinen und leisen Begebenheit, kurz bevor er sich auf den Weg gemacht hat

Jesus sitzt abends mit seinen engsten Freunden zusammen, da kommt eine fremde Frau herein. Sie geht auf Jesus zu, ein kleines Gefäß mit kostbarem Duftöl in der Hand. Sie zerbricht es und gibt da Öl auf Jesu‘ Stirn, und salbt ihn.

Eine Berührung, ganz nah, ganz sanft - liebevoll und gleichzeitig voller Respekt. Die Geschichte berührt mich in diesen Tagen: Wenn ich daran denke, wie Jesus damals unter Druck gestanden haben muss: Täglich in öffentliche Streitgespräche verwickelt, und den Anfeindungen seiner Gegner ausgesetzt. Wie kostbar die Berührung dieser fremden Frau, die Jesus spüren lässt, wie wichtig er ist für sie. Und dass er nicht alleine ist auf seinem schweren Weg.

Ich sehe das junge Paar sich verabschieden. Sehe Eltern, die ihre Kinder an der Haustür in den Arm nehmen und weiß: Es sind kostbare Berührungen voller Verbundenheit und Liebe. Verbundenheit und Liebe, die da ist, auch, wenn ich einen geliebten Menschen ein letztes Mal berühre – zum Abschied für immer.

Jesus selbst hat von der Frau gesagt, sie habe ihn gesalbt für sein eigenes Begräbnis. Er wusste, dass er seinen Feinden nicht entkommen würde. Die Berührung der Frau mag ihn getröstet haben. Vielleicht hat sie ihm geholfen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=41907
weiterlesen...