SWR Kultur Wort zum Tag
Dietrich Bonhoeffer - ein gewaltbereiter Attentäter? Nein, nun wirklich nicht. Bonhoeffer mit Pistole in der Hand, bereit damit zu töten? Nein, auch nicht. So wird er allerdings im neuen Bonhoeffer-Film dargestellt.
Der evangelische Pastor und friedliche Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer ist heute vor 80 Jahren von den Nazis ermordet worden - gehenkt. Und auch abseits dieses traurigen Jahrestags heute, ist Bonhoeffer durch den Kinofilm gerade voll im Fokus. Und über den Film scheiden sich die Geister. Nicht nur, weil historisch nicht alles genau genommen wird. Aber das ist die Freiheit der Filmschaffenden.
Das größte Problem des Films ist, dass er von rechten evangelikalen Christen in den USA ideologisch missbraucht wird. Bonhoeffer steht vermeintlich mit denen zusammen, die Wokeness und Zeitgeist verteufeln und notfalls bereit sind mit Gewalt für die Sache Gottes zu kämpfen. Evangelikale in den USA sehnen sich nach einem Gottesstaat und mit ihrem neuen alten Präsidenten glauben sie, der Sache ein ganzes Stück näher zu kommen. Und der Bonhoeffer aus dem aktuellen Film passt gut in dieses Bild. Er wird nämlich auch so vermarktet. Die Verleihfirma ist eine explizit christliche, und auch sie propagiert das falsche Bild des gewaltbereiten Theologen, der die Gefahr von innen, also im Innern des Staates sieht.
Dietrich Bonhoeffer steht für das Gegenteil. Bonhoeffer hat den Protest gegen das NS-Regime sehr früh und vor allem mutig benannt. Aber er hat nie aufgerufen gewalttätig zu sein oder konkret zu kämpfen. Dass er mit Worten gekämpft hat, hat ihn ins Gefängnis gebracht, aber nicht zum Schweigen. Seine Briefe, seine Gedanken und Texte aus der Gefangenschaft sind durchzogen von Worten wie Freiheit, Frieden, und Gottes Nähe, und das obwohl klar war, dass er das KZ nicht überleben würde.
Für Dietrich Bonhoeffer hat der Glaube an Gott zuversichtlich und sogar frei gemacht - gerade gegenüber einem selbsternannten Führer, der das Leben unterdrückt und ausgelöscht hat. Zum Abschied hat Bonhoeffer einem Mitgefangenen zugeraunt: „Für mich ist dies das Ende, aber auch der Beginn“.
Das ist Bonhoeffers Erbe. Neben seinen wundervollen Texten wie „Von guten Mächten wunderbar geborgen.“
Die Nachfahren Bonhoeffers wehren sich gegen diesen Applaus von der falschen Seite. So nennt man das, wenn eine Person oder ein Sachverhalt ideologisch von anderen umgedeutet und vereinnahmt wird. Dagegen sollten sich alle wehren, denen die Demokratie und das freie Leben am Herzen liegt.
Denn wenn Bonhoeffer eines gezeigt hat, dann Haltung gegen menschenverachtendes rechtsextremes Gedankengut. Und Haltung für einen Gott, der will, dass Menschen frei und vielfältig leben.
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