SWR4 Abendgedanken

04APR2025
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Anna Görder:
Der Theologe und Arzt Albert Schweitzer wäre in diesem Jahr 150 Jahre alt geworden. Grund genug, dass sich einige Tübinger Konfirmandinnen ganz neu Gedanken über ihn gemacht haben. Deshalb lasse ich heute Abend zwei von ihnen zu Wort kommen:

Pia:
Stellen Sie sich mal vor, Sie sind unerwünscht, werden rausgeworfen und landen auf der Straße. Dort haben Sie kein Essen und nichts zu trinken. Doch statt Hilfe zu bekommen, wird nach Ihnen getreten und Sie werden verjagt. Das ist die Realität vieler Straßentiere. Kein schönes Leben. Ebenso wenig wie das der Tiere in Massentierhaltung. Sie haben zwar Essen und Trinken, aber viel zu wenig Platz. Sie werden behandelt als wären sie unwichtig. Dabei können Tiere alles fühlen. Sie können sich wohl fühlen und sie können leiden, genau wie wir Menschen.
Wenn ich in den Garten gehe und dort nach meinen Hühnern sehe, freue ich mich, wie gut es ihnen geht. Und dann frage ich mich, wieso manche Menschen denken, sie hätten das Recht Tiere schlecht zu behandeln. Tiere sind so faszinierend. Und jedes Leben hat seinen einzigartigen Wert.
„Ich bin Leben inmitten von Leben, das leben will.“ Das hat Albert Schweitzer schon vor vielen Jahren festgestellt. Und deshalb hat er gefordert, dass man Ehrfurcht vor jedem Leben haben muss. Ich finde, er hat recht!

Nina:
Als ich noch ein kleines Kind war, sind meine Mama und ich im Botanischen Garten in Tübingen spazieren gegangen. Ich habe mich gefreut, dass dort die Tauben gefüttert wurden. Aber meine Mutter hat mir gesagt, dass in das Futter Gift gemischt wird. Damit es weniger Tauben gibt, die mit ihren Ausscheidungen die Stadt verschmutzen oder Gebäude beschädigen. In der Nacht danach konnte ich nicht ruhig schlafen. Ich habe mich gefragt, wie Menschen so gemein sein können, und ob es keine bessere Lösung für die Tauben gibt.

Im Konfirmandenunterricht haben wir uns mit dem Arzt und Theologen Albert Schweitzer beschäftigt. Er ist davon ausgegangen, dass wir Ehrfurcht vor allem Leben haben sollen. Auch, wenn das manchmal vielleicht unpraktisch ist. In seinem Krankenhaus in Afrika hat er sich zum Beispiel dagegen gewehrt, Rattengift auszulegen. Er wollte lieber andere Wege finden, um mit den Ratten fertig zu werden.

Heute werden die Eier der Tauben in den Taubenhäusern der Stadt durch Gipseier ersetzt. Das ist nicht mehr ganz so gemein. Aber trotzdem: Seit meinem Erlebnis mit den Tauben im Botanischen Garten informiere ich mich darüber, wie wir Vögel zum Beispiel in unserem Garten schützen und unterstützen können. Man kann z.B. Vogelfutter rausstellen. Oder ein oder zwei Nistkästen aufhängen. Für mich ist das „Ehrfurcht vor dem Leben“.

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