SWR3 Gedanken
18 Jahre lang hat die Frau mit ihren Rückenschmerzen gelebt. Ist nur gebückt gelaufen. Als sie dann hört, dass Jesus in der Stadt ist, nimmt sie allen Mut zusammen. Sie vertraut darauf, dass er ihr helfen wird. Und Tatsache: Jesus sieht sie, ruft sie zu sich, und heilt sie. Diese Geschichte in der Bibel ist für mich nicht nur eine weitere Heilungsgeschichte, sondern auch eine Geschichte über Frauen und das Aushalten.
Frauen sind in der Lage, unglaublich viel stillschweigend zu tragen. Das ist eine Erkenntnis, die ich aus zehn Jahren seelsorgerlicher Arbeit mitnehme. Frauen tragen alle Lasten des Alltags: Die eigenen Sorgen, die ihrer Kinder und die ihrer Männer. Sie tragen Zukunftsängste und Geldnöte. In ihrem schweren Rucksack haben Familientragödien, Misshandlungen und Demütigungen ihren Platz. Oft tragen sie das alles ungesehen. Kein Gejammer. Einfach weitertragen. Ich dachte immer, dass sei im Zeitalter von Insta, wo Menschen alles von sich teilen und kein Geheimnis aus ihren Belastungen machen, nicht mehr so. Aber da habe ich mich so was von getäuscht. Es gibt unendlich viele Frauen, die sich schämen für ihre Lasten – selbst dann, wenn sie sie nicht verschuldet haben. Ich erlebe und spreche mit Frauen, die gezielt Dinge verbergen, um nicht als schwach, faul oder unfähig abgestempelt zu werden. Man möchte mit seinen Nöten nicht gesehen werden, weil die Angst vor Verurteilung so groß ist.
Darum liebe ich die Geschichte von der Frau mit dem gekrümmten Rücken so. Weil sie sich raus aus dem Schatten traut und sich mit ihrer Last Jesus zeigt – und er sie heilt.
Ich wünsche mir, dass wir Frauen unsere gekrümmten Rücken sichtbar machen. Dass wir die Scham beiseiteschieben und zeigen, wie schwer unser Gepäck ist. Dass wir Freundinnen und Männer bitten mitzutragen und darauf vertrauen, dass sie es tun werden. Und dann lernen wir einander zu heilen. Jesus würde das sicher gefallen.
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