Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP
Was einen echten Kerl ausmacht, das hat Herbert Grönemeyer vor zig Jahren mal halb ironisch in seinem Lied „Männer“ besungen: Dicke Muskeln, furchtbar stark und immer der ganz harte Kerl. Klingt schwer nach Klischee. Trotzdem, viele von uns Männern haben offenbar ein Problem. Weil sie glauben, dass sie vor allem dann Mann sind, wenn sie sich an solch antiquierten Rollenbildern orientieren. Bilder, denen sie vielfach aber gar nicht entsprechen.
Und deshalb finde ich es zweifelhaft, wenn der „harte Kerl“ gerade scheinbar wieder in Mode kommt. Wenn manche Politiker sich gegenseitig überbieten, wer am härtesten gegen unerwünschte Migranten oder angebliche Sozialschmarotzer vorgeht. Oder wenn Meta-Chef Mark Zuckerberg schwadroniert, dass endlich mehr „männliche Energie“ in seinem Unternehmen herrschen müsse. Was immer das auch heißen soll. Ausgefahrene Ellenbogen? Keine Rücksicht mehr auf Schwächere? Sexismus und dämliche Witze über Frauen?
Für mich klingt das eher pubertär. Als ob stark und energisch vor allem der wäre, der am lautesten rumkrakeelt und den harten Hund markiert. Dabei gibt es sie ja, die starken Männer. So, wie es auch richtig starke Frauen gibt. Weil Starksein eben nicht zuerst mit Muskelkraft und schon gar nichts mit Machogehabe zu tun hat. Stark ist ein Mensch, der souverän ist. Und souverän bin ich, wenn ich weiß, wer ich bin. Was ich will und kann. Wenn mich Kritik nicht gleich umhaut, sondern ich sie gelassen hören kann. Wenn ich mich nicht größer und wichtiger machen muss, als ich eigentlich bin. Anders gesagt: Stark bin ich, wenn ich in mir ruhe.
Gegen all das neue Machogetue steht übrigens eine Kernbotschaft des Christentums, auch wenn sie gerade nicht so angesagt erscheint: Jeder ist etwas wert. Ganz egal, ob du ein Amt oder einen Titel hast. Ob du Millionen verdienst oder gerade über die Runden kommst. Du bist wertvoll! Weil du Mensch bist.
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