Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

15MRZ2025
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Wie genial sind eigentlich Waschhinweiszettel? Diese kleinen Zettel, die in unseren Kleidungsstücken angebracht sind, damit wir wissen, wie heiß wir sie waschen dürfen und ob sie in den Trockner können. Kleine, aber unheimlich hilfreiche Informationen genau an dem Ort, wo wir sie brauchen – immer auffindbar, eindeutig und trotzdem unauffällig.

Ich mag es, von solchen Zetteln an die Hand genommen zu werden: Benzin oder Diesel? Was muss jetzt nochmal in dieses Auto? Zack, Hinweiszettel am Tank. Wie viel Wasser braucht diese Pflanze? Zack, Hinweiszettel am Blumentopf. In welche Richtung muss ich die festgezogene Schraube aufdrehen? Zack, Hinweiszettel am Schraubendreher. Warum gibt es diese praktischen Zettel nicht in mehr Lebensbereichen?

Zum Beispiel ein Hinweiszettel, dass man den Kollegen vor seinem ersten Kaffee besser nicht ansprechen sollte. Ein Hinweiszettel, dass die Freundin gerade empfindlich auf das Thema Katzen reagiert, weil ihre eigene gestorben ist. Ein Hinweiszettel, dass der Sparkassenbeamte besonders freundlich ist, wenn man ihn auf seine schöne Krawatte anspricht.

Manchmal sehe ich aber auch Hinweiszettel, die eigentlich überflüssig sein müssten. Im Bus oder in der S-Bahn zum Beispiel der Hinweis, älteren Menschen oder Schwangeren bei Bedarf den eigenen Sitzplatz zu überlassen. Das müsste doch eigentlich selbstverständlich sein – und trotzdem braucht es wohl einen Hinweiszettel.

Der Prophet Micha formuliert so etwas wie einen Hinweiszettel für unser Leben: „Mensch, es ist dir gesagt, was gut ist, das Rechte tun, Nachsicht mit anderen haben und bewusst den Weg mit Gott gehen.“ (Micha 6,8)

Eigentlich klar und einfach. Aber: Die Umsetzung ist gar nicht so einfach. Das Rechte tun, Nachsicht mit anderen haben und den Weg mit Gott gehen – all das ist eine lebenserfüllende Aufgabe. Und manchmal sind wir Menschen vielleicht auch zu bequem, und lesen lieber nicht so genau, was da auf dem Hinweiszettel steht.

Gott ist zum Glück gnädiger als so eine Waschmaschine, bei der die Wäsche bei zu hoher Temperatur gleich eingeht. Es gibt zweite und dritte Chancen, Neuanfänge und Umkehrmöglichkeiten – auch wenn wir die Hinweise immer wieder übersehen oder nicht richtig umsetzen. Es ist, als hätte sich Gott selbst den Hinweiszettel vorgenommen: Er verspricht, Recht zu tun, Nachsicht mit uns zu haben und uns auf unserem Weg zu begleiten. Nur mit dieser Zuversicht lässt es sich gelassen auf den Hinweiszettel schauen: im Wissen, dass Gott unsere Versuche, den Hinweiszettel zu beachten, begleitet und gnädig darauf schaut.

Ich habe den Hinweiszettel vom Propheten Micha als Post-it an meinen Computerbildschirm geklebt – denn auch wenn ich weiß, dass ich immer wieder daran scheitern werde. Ab und zu daran erinnert zu werden, schadet auch nicht. Mensch es ist dir gesagt was gut ist!

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