Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP
Na, die haben aber ganz schön Hunger, denke ich: Vier junge Männer sitzen im Regionalzug um einen Vierertisch. Draußen wird es dunkel. Auf dem Tischchen sind: Fladenbrot, Brotaufstriche, Datteln, große Wasserflaschen. Das ist mal was Anderes, als verschämt in eine Brezel zu beißen. Guten Appetit, sage ich im Vorbeigehen. Das ist unser Iftar, meint einer der vier. Richtig, es ist ja Ramadan. Die vier sind den Tag über nüchtern geblieben und haben nichts gegessen und getrunken. Sie haben sich an eines der Gebote des Islam gehalten, gefastet und Verzichten geübt. Jetzt, nach Sonnenuntergang, dürfen sie das Fasten brechen und wieder essen und trinken.
Im Ramadan geht es Musliminnen und Muslime außerdem um vier Wochen ohne Lügen und Beleidigungen. Natürlich ist das auch sonst so, aber es wird noch einmal besonders betont.
Durch den Mondkalender ändert sich jedes Jahr der Zeitpunkt des Ramadan. Jetzt im März fällt das Fasten nicht so schwer wie im Hochsommer. „Aber wir packen das auch im Sommer“, meint einer der vier fröhlich.
Die Zeiten, in denen wir leben, sind nicht einfach. Zusammenhalt und Vielfalt zugleich kommen nicht von selbst, man muss etwas dafür tun. Aber es gibt so viele Menschen guten Willens. Das müssen wir doch hinbekommen, dass Angehörigen verschiedener Religionen sich respektieren und am anderen freuen. Dass wir neugierig aufeinander sind und für Verständnis und Toleranz eintreten. Dieses Jahr findet der Ramadan größtenteils zur gleichen Zeit statt wie die Passions- und Fastenzeit vor Ostern. Wir könnten uns erzählen, was uns wichtig ist, was uns Halt gibt und was uns trägt.
Den vieren im Regionalzug wünsche ich: Ramadan Mubarak! Menschen muslimischen Glaubens wünsche ich: Ramadan Mubarak! Einen gesegneten Ramadan. Und uns allen: Dass wir uns besser kennenlernen. Und frei und offen und ohne Angst voreinander friedlich zusammenleben.
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