Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP
Mariann Edgar Budde ist eine US-amerikanische Bischöfin. Sie lebt und arbeitet seit fünfzehn Jahren in der Hauptstadt Washington. Weltweit berühmt geworden ist sie vor zwei Monaten, im Januar. Denn sie hielt die Predigt im Gottesdienst zur Amtseinführung des amerikanischen Präsidenten. In ihrer Rede bittet sie um Barmherzigkeit und Mitleid für geflüchtete Menschen und für Angehörige der queeren Gemeinschaft.
Dass sie „Bitte“ gesagt hat, darüber kann man lange nachdenken: Denn in einer Demokratie sind die Menschenrechte nicht verhandelbar. Sie gelten ungeteilt für alle. Doch Mariann Edgar Budde hat ja gar keine Rechte eingefordert und hat sich nicht darauf berufen, was jedem Menschen zusteht.
Stattdessen hat sie eine Bitte formuliert. Sie hat an das Mitgefühl appelliert und daran erinnert, dass es selbst in Ländern ohne Demokratie doch Mitleid und Barmherzigkeit gibt. Auch wenn man keine Rechte einklagt: um Milde kann man bitten. Für andere kann man bitten. Du bist der mächtige Präsident. Aber trotzdem will ich versuchen, frei heraus für andere zu sprechen und das zu tun, was die Nächstenliebe verlangt.
Manchmal braucht es selbst für eine bescheidene Bitte ganz schön viel Mut. Der Präsident der Vereinigten Staaten hat die Ansprache der Bischöfin zuerst langweilig und nicht aufregend genannt. Anschließend verlangte er von ihr, dass sie sich für ihre Predigt entschuldigt. Ein Kongressabgeordneter wollte die Bischöfin am liebsten aus den USA deportieren.
Mut lässt sich lernen! Mariann Edgar Budde sagt: Mut ist ein Weg, den man geht. Mut besteht aus vielen kleinen Schritten. Mut wächst überall dort, wo Menschen sich zusammenfinden. Mut wird stark, wo man sich füreinander einsetzt.
Im Englischen ist die höfliche Anrede für eine Bischöfin „Right Reverend“. Das bedeutet so viel wie „richtig würdig“. Mariann Edgar Budde ist richtig würdig, weil sie ihren Mut zusammengenommen und sich für die Menschenrechte eingesetzt hat.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=41736