Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW
Ein strahlend blauer Himmel gestern am Rosenmontag im ganzen SWR-Land. Wie ein Geschenk von oben für die närrischen Tage. Alles riecht nach Frühling, also nix wie raus, den Kopf lüften, vielleicht ein bisschen übermütig werden oder sogar ordentlich über die Stränge schlagen. Ob mit oder ohne Narrenkappe: Winter ade, und weg mit allem, was noch schwer und dunkel auf der Seele lastet. Die Welt mit ihren Krisen aussperren. Denen da oben die kalte Schulter zeigen. Wenigstens heut noch und morgen.
Und dann rast wieder ein Auto in eine Menschenmenge, diesmal in Mannheim direkt am Paradeplatz, erfasst Passanten, verletzt, tötet, lässt andere zu Tode erschreckt und fassungslos zurück. Der Alptraum beginnt von Neuem für Menschen, die gerade noch fröhlich waren, ihr Gesicht in die März-Sonne hielten, sich Zuckerwatte kaufen wollten an einer der Buden. Von vorne beginnen auch die Fragen nach Sicherheit, die Forderungen nach politischer Aufklärung. Von vorn beginnt die Suche nach Motiven, nach Hintergründen, nach Erklärungen. Was tun?
Die Kirchen in der Stadt haben ihre Türen geöffnet, kommt einfach rein, die ihr mühselig und beladen seid. Findet Ruhe vor dem Grauen, Raum für eure Fragen, Zuflucht in der Not. An den Liedtafeln stecken noch die Nummern der Lieder von den Gottesdiensten am vergangenen Sonntag. Es war der letzte vor der Passionszeit, und die beginnt in diesem Jahr jetzt zwei Tage früher als sonst, ohne Aufschub durch Jux und Dollerei. Plötzlich gilt es von einer Minute zur andern: Gott, stärke uns im Angesicht des Leidens, das unschuldige Menschen getroffen hat, lass uns stark sein im Mitleiden, geduldig im Zorn, besonnen und klar in unserer Mitmenschlichkeit. Was soll man bloß denken, sagen, beten? Der 31. Psalm, der seit Jahrhunderten in die Passionszeit führt, bahnt eine Spur, der ich folgen kann. Er bittet:
Sei mir ein starker Fels, Gott. Gib Halt, wo der Boden unter den Füßen wankt. Zu dir hin flüchte ich. Mein Herz klopft bis zum Hals. Ausgetrocknet sind meine Augen. Ich komme mir vor, wie ein verlorener Weg. Lass aufleuchten über mir, was jetzt Orientierung gibt. An dich lehne ich mich an, Gott, wie an einen Felsen in der Brandung.
So bete ich. Und so hoffe ich für mich und für alle, die jetzt nach Worten und Wegen und Hilfe suchen.
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