SWR4 Abendgedanken

06MRZ2025
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Ich kann jedes Mal nur staunen, wenn ich im März ins Wolfstal mit seiner Fülle von Märzenbechern komme. Staunen, das ist mir da im Tal einmal gekommen, Staunen ist eine Form von Gebet, ja, von Anbetung. Jetzt, um diese Zeit, ist es ganz besonders schön da bei Lauterach, wo die große Lauter von der Alb kommend in die Donau mündet. Das wildromantische, schluchtartige Tal voll von weißen Blüten. Und wer ein bisschen Ruhe und Ausdauer mitbringt, entdeckt zwischen den Märzenbechern auch den zinnoberroten Kelchbecherling. Das ist ein tatsächlich rot strahlender Pilz, der sich zeitgleich mit den hunderttausenden von hängenden Blüten zeigt.

Wenn es geht, komme ich schon früh am Morgen, wenn noch nicht so viele andere Menschen da sind. Vom Parkplatz aus schaue ich erst einmal, ob es im Sumpf schon gelb blüht. Die Märzenbecher sind ja weiß, aber da am Anfang, da steht Wasser auf der Wiese, da fließt ein kleiner Zufluss der Lauter, da strahlt es oft schon gelb hervor.

Und ich staune. Wie ein Kind suche ich und schaue, manchmal geradezu aufgeregt, manchmal verweile ich, gehe in die Hocke, schaue der Bewegung des Wassers zu und freue mich an den Spiegelungen der Farben.

Wenn ich weitergehe, sehe ich die ersten, noch vereinzelt stehenden Gruppen von Märzenbechern zwischen bemoosten Baumstämmen und dem Laub am Boden, bis ich dann mittendrin bin und wieder staunend beginnen will zu zählen…

Wie viele Blüten sind es wohl? Unzählige. Das ist die Antwort. Unfassbar viele, eine Blüte schöner als die andere, weiß, an diesen saftig-hellgrünen, aufrechten Stängeln hängen sie mit ihren gelbgrünen Spitzen.

Ein schmaler Weg führt durch das Tal, von Zeit zu Zeit kommen die Felsen ganz nah zusammen, Moose und Farne wachsen in den Spalten. Und ich kann einfach nicht aufhören zu staunen… Wie schön! Andächtig, das ist das beste Wort dafür, andächtig gehe ich durch dieses Tal, freue mich schon auf die Stelle, an der es sich noch einmal verengt und die Blumen bis weit hinauf am Hang stehen. Ich halte inne.

Das Staunen bringt mich ganz nah zu Gott. Ich bete: „Danke“, sage ich.

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