Anstöße SWR1 RP / Morgengedanken SWR4 RP
Karneval ist noch nie mein Thema gewesen. Als Kind fand ich es ganz witzig mich zu verkleiden: Im Kindergarten als Fliegenpilz, in der Grundschule als Prinzessin. Das war’s dann aber auch. Daher nehme ich mir am Rosenmontag am liebsten frei und mache eine kleine Auszeit. Da in Trier an dem Tag aber Halligalli und Ausnahmezustand herrscht, fahre ich lieber etwas raus in die Eifel.
Letztes Jahr bin ich am Weinfelder Maar gewesen. Es ist eher klein, aber die Farben des Wassers sind so wunderschön: mal ganz türkis, dann dunkelblau oder hellblau. Es gibt alte Bäume, die mit ihren Zweigen bis ins Wasser hineinreichen.
Ich sitze schon eine Weile auf einer Bank und schaue fasziniert auf die Farben im Wasser, als sich eine Frau zu mir setzt. Sie sagt: „Es ist so schön hier. So schön ruhig.“ Wir unterhalten uns ein wenig. Sie ist rausgefahren, weil es ihr an diesem Tag in Koblenz zu laut ist. Dabei mag sie Karneval. Sie ist mit ihrem Mann schon oft auf Sitzungen gewesen. Vor acht Monaten ist er gestorben. Einfach so. Sie sagt: „Die Fröhlichkeit an diesem Tag ist mir heute zu laut. Meine Fröhlichkeit kommt erst langsam wieder. Sie ist noch ganz leise.“ Deswegen verbringt sie den Tag lieber draußen, abseits des Rummels in den Städten und Dörfern.
Da es im Sitzen auf der Bank recht frisch ist, gehen wir doch lieber weiter. Dabei erzählt sie mir noch von ihrem Plan für den Abend. Ein Lieblingsfilm von ihr und ihrem Mann sei der Film über die Kindheit von Hape Kerkeling gewesen, dessen Mutter starb als er noch in der Grundschule war. Und ihre Lieblingsszene sei, wo der kleine Hans-Peter verkleidet eine andere Frau nachmacht. Er winkt dabei mit einem leeren Eierlikörglas und sagt: „Ich nehme gerne noch ein Eierlikörchen. Das Leben muss doch irgendwie weitergehen.“
Die Frau lächelt mich an und sagt dann zum Abschied zu mir: „Den Eierlikör habe ich schon mal kaltgestellt.“
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