SWR1 3vor8

09MRZ2025
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Am Anfang des Glaubens steht der Weg. Das Unterwegs-Sein. Weil Abraham, der Urvater des biblischen Glaubens, ein Nomade war. Er hat in Zelten gelebt und zog mit Sack und Frau, seinen Tieren und allem Besitz von einem Ort zum nächsten. Unterwegs in der Wüste. So beginnt die Geschichte des Ein-Gott-Glaubens. Denn dort – in der Wüste – hört Abraham die Stimme dessen, der ihn heißt aufzubrechen. Und zu ihm sagt: Du sollst gesegnet sein[1]. Der Gott, der später Jahwe genannt wird, den Mose „Ich-bin-da“ nennt. Der das Land verheißt, in dem Milch und Honig fließen[2]. Das gelobte Land für das erwählte Gottesvolk. Ich hoffe, dieses Land auch zu erreichen. Wenn ich genug unterwegs war, genug gefragt und gesucht haben werde.

Aber solange gilt, was heute wie immer am Beginn der Fastenzeit in den katholischen Gottesdiensten als Lesung aus dem Alten Testament der Bibel vorgetragen wird. Es gilt: Mein Vater war ein heimatloser Aramäer[3]. So beginnt das Glaubensbekenntnis Israels, das ein religiöses Programm ist. Wer an den Gott Abrahams, Israels und Jakobs glaubt, bleibt zeitlebens heimatlos. Ein Nomade, auf dem Weg. In gewisser Hinsicht jedenfalls. Auch als Christ bleibe ich heimatlos auf dieser Welt. Und suche um so mehr einen Halt bei Gott.

Ich habe ein Haus, in dem ich wohne, das mich schützt und mir Geborgenheit schenkt. Oft beruhigt mich das, weil ich weiß, dass ich abends heimkommen kann. Aber ich spüre auch: Das ist nicht alles, was ich will und brauche. Da bleibt eine Unruhe in mir, die mich suchen und fragen lässt: Wenn Dein Leben heute aus ist, war das dann alles? War das hier das Ziel? Das frage ich mich jedes Mal, wenn ich einen Menschen beerdige, aus seinem Leben erzähle, an seinem Grab stehe. War’s das? Nein, das wäre mir zu wenig – für mich und für andere. Diese gequälte Welt, all das Schuften und die vielen Ungerechtigkeiten, die es hier gibt – das reicht nicht aus für ein Wort wie Heimat.

Ganz zu schweigen von denen, die gezwungenermaßen unterwegs sind, weil sie aus ihrer irdischen Heimat vertrieben wurden, weil dort Krieg ist, Machtgier und Egoismus regieren. Ich kann sie dabei unterstützen, dass sie in der Verbannung nicht verzweifeln, sondern Trost finden, menschliche Wärme und materielle Hilfe. Ein Zelt. Wenigstens eine Ahnung von Heimat. Denn die hatte ganz zu Beginn auch der Nomade Abraham.

 

 

[1] Genesis 12,2

[2] Deuteronomium 26,9

[3] Deuteronomium 26,5

https://www.kirche-im-swr.de/?m=41676
weiterlesen...