SWR Kultur Zum jüdischen Feiertag
Zu Beginn unserer Sendung zum jüdischen Purimfest hören Sie den Miami Boys Choir in einem Livemittschnitt ihres Konzerts in New York: Ken Tihje Lanu. Die Übersetzung lautet: So sei es uns vergönnt; Den Becher des Heils erhebe ich und rufe den Namen des Ewigen an.
(Musik. CD. „Revach.Yerachmiel Begun & The Miami Boys Choir“; Interpret: The Miami Boys Choir; Komponist: Yerachmiel Begun; Take:012; Länge: 4:20)
Unsere Geschichte zu Purim stammt aus dem Buch Esther, auf Hebräisch Megillat Esther, das in unserer Bibel zu finden ist.
Vor langer Zeit lebte in einem weit entfernten Land an einem Ort namens Schuschan im berühmten Altpersischen Reich ein König namens Achaschwerosch und seine Königin Waschti. König Achaschwerosch war ein hochmütiger Mann, der seinen Reichtum gerne mit schicken Partys und Festen präsentierte. Bei einer solchen Gelegenheit wollte er sogar seine eigene Frau zur Schau stellen. Er ließ Waschti rufen und befahl ihr, vor all seinen Partygästen zu tanzen, aber seine Königin weigerte sich und sagte dem König: „Nein!“ Das machte König Achaschwerosch wütend, also jagte er Königin Waschti aus seinem Palast fort.
Nachdem die Königin Waschti vertrieben wurde, musste König Achaschwerosch eine neue Königin finden. Er veranstaltete einen Schönheitswettbewerb, und alle Frauen des Landes kamen vor ihn. Der König sah viele schöne Mädchen, aber er hatte nur Augen für eine, eine junge Frau namens Esther. Esther war ein tapferes und schönes Mädchen, und sie war auch, was am wichtigsten war, Jüdin. Esthers Onkel Mordechai warnte Esther jedoch davor, jemandem von ihrer Herkunft zu erzählen. Ihre jüdische Identität sollte ihr Geheimnis bleiben.
König Achaschwerosch liebte Esther mehr als alle anderen Frauen und sie fand in seinen Augen nur Gunst und Zuneigung. Auch Esthers Onkel Mordechai wurde sehr geschätzt, weil er den König vor einem Mordkomplott bewahrt hatte, das von zwei seiner Palastwachen ausgeheckt worden war.
Der oberste Beamte von König Achaschwerosch war ein sehr böser Mann namens Haman. Wenn Haman die Straße entlangging, forderte er jede Person, die ihm begegnete, auf, sich zu verbeugen. Die meisten Menschen hatten Angst vor ihm und gehorchten. Aber als Mordechai an Haman vorbeiging, verbeugte er sich nicht! Mordechai gab bekannt, dass er Jude war und sich als solcher nur vor G-tt verneigte. Mordechais Weigerung, sich zu verbeugen, machte Haman sehr wütend.
Haman beschloss, dass das gesamte jüdische Volk vernichtet werden soll. Als Haman König Achaschwerosch von seiner Idee erzählte, die Juden zu beseitigen, stimmte der König zu. Er sagte Haman, er solle tun, was er für richtig halte. Die Juden von Schuschan waren in großer Gefahr!
Als Mordechai von diesem teuflischen Plan erfuhr, war er am Boden zerstört, ebenso wie die gesamte jüdische Gemeinde. Mordechai wusste, dass Königin Esther ihre einzige Hoffnung war. Er sagte zu ihr: „Jetzt ist die Zeit gekommen, dein Geheimnis zu lüften! Jetzt musst du König Achaschwerosch sagen, dass du Jüdin bist. Du musst dich für dein Volk einsetzen! Du musst ihn bitten, Hamans Erlass aufzuheben!“
Königin Esther hatte Angst da sich niemand dem König nähern durfte, ohne vorher vorgeladen worden zu sein! Aber Esther nahm all ihren Mut zusammen und begab sich in die Gemächer des Königs. Mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte, lud Esther Achaschwerosch und Haman zu einem privaten Fest ein.
Als die Zeit für das Fest gekommen war, wusste Esther, was sie zu tun hatte. Sie holte tief Luft, stand vor dem König und Haman auf und sagte ihnen, dass sie Jüdin sei. Sie bat den König, sie und ihr Volk vor Hamans heimtückischem Plan zu verschonen. Es war ein Moment wahrer Tapferkeit. Esther riskierte alles, um ihr Volk zu retten. Aber weil König Achaschwerosch sie so sehr liebte, tat er alles, worum sie ihn bat. Die Juden waren gerettet!
Die Nachricht verbreitete sich schnell. Die jüdische Gemeinde jubelte und erklärte den 14. Tag des jüdischen Monats Adar zum Festtag. Bis zum heutigen Tag feiern wir Purim am 14. Adar mit Partys, Musik und großen Festen.
Und nun erklingt die traditionelle Benediktion Schehechejanu. Die Übersetzung lautet: Gesegnet seist Du, G-tt, unser Herr, Herrscher des Universums, der uns das Leben geschenkt hat, uns Nahrung gibt und es uns ermöglicht, dieses Fest zu feiern. Es singt der Wiener Oberkantor Shmuel Barzilai. Begleitet wird er von einem Sinfonieorchester unter der Leitung von Mordechai Sobol. Diese Komposition ist heute ein unverzichtbarer Teil eines jeden Kantorenkonzerts, wie auch der fröhlichen Anlässe.
(Musik. CD. MCD 247 Gramola 99090; Interpret: Shmuel Barzilai, Komponist: Meir Machtenberg; Zeit: 3:58; Take: 001)
An Purim kommen wir zusammen, um uns über das Heldentum von Esther und das wundersame Überleben des jüdischen Volkes zu feiern. Wie die mutige Esther, die jahrelang ihre wahre Identität verbarg, verkleiden wir uns und tragen bunte Masken und lustige Perücken. Wir feiern und essen köstliche Gerichte. Wir singen, scherzen und lachen, bis wir nicht mehr lachen können. Purim ist laut und üppig, und wir sollen es in all seiner Ausgelassenheit genießen! Die Purim-Geschichte wird während des Feiertags auf verschiedene Weise immer wieder neu erzählt. Traditionell hören wir zweimal die Lesung der Megillat Esther, der Esther-Rolle – zuerst am Erew Purim am Vorabend und dann noch einmal am Purim-Tag. Während wir der laut vorgetragenen Geschichte lauschen, fiebern wir mit für Esther und Mordechai, rufen, wenn wir den Namen Haman hören Zischlaute und Buhrufe zu und klatschen in die Hände, machen gewaltigen Lärm mit den Purimrasseln und stampfen mit den Füßen. Die Geschichte lebt durch uns und unsere Stimmen! Wir sehen uns auch Purimspiele an, humorvolle Nachstellungen der Purimgeschichte, oft mit stark überzeichneten Charakteren, Kulissen und Situationen.
Es gibt viele Möglichkeiten, in Purim-Stimmung zu kommen. Zunächst einmal können wir die berühmteste Purim-Delikatesse genießen: die Hamantaschen. Eine Hamantasche ist ein dreieckiges Gebäck, das mit Mohn, Nüssen oder Pflaumenmus gefüllt ist und angeblich wie Hamans dreieckiger Hut, oder auch seine Ohren aussehen soll. Wir tragen Mischloach Manot aus, Geschenkkörbe mit Lebensmitteln, Leckereien und Präsenten – an Familie und Freunde. Es ist auch Tradition Matanot Le’ewjonim, Geschenke für Bedürftige zu schicken, damit jeder das Fest genießen kann.
Die Bedeutung von Purim liegt nicht so sehr darin, wie es begann, sondern darin, was es geworden ist: eine dankbare und freudige Bestätigung des jüdischen Überlebens. Mögen wir alle unsere Freude steigern und ein Chag Purim Sameach erleben – ein sehr frohes und glückliches Purim-Fest!
Zum Schluss unserer Sendung hören Sie Kantor Dudu Fischer. Er trägt einen liturgischen Abschnitt vor: Mi Kamocha. Auf Deutsch: „Wer ist wie Du unter den Mächtigen, O Herr. Wer ist gleich Dir, prangend in Heiligkeit.“
(Musik. CD. „Elokaj Neshama.“; LC- Helikon Records CDHL 8057; 19-70648; Take: 002; Zeit: 3: 29; AMS: M0065943)
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