SWR Kultur Wort zum Tag

07MRZ2025
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Ich bin kein guter Seelsorger. Jedenfalls kein guter, so wie ich ihn mir vorstelle: Ruhig, abwartend, zuhörend. Ich habe, wie man im Sprichwort so sagt: Hummeln unter dem Hintern. Das heißt: Ich bin unruhig. Ich kann nicht wirklich eine Stunde dasitzen und Hände halten. Schweigend. Obwohl ich weiß, wie gut das tun kann.

Nachdem meine Mutter gestorben war, habe ich gedacht: Ruhe ausstrahlen, das ist dir nicht wirklich gelungen. Pflegende haben mich beruhigt: Es sei schon alles recht so gewesen. Das Wichtigste sei nämlich: Dasein. Nur das. Und das stimmt: Für meine Mutter war das unfassbar: „Du bleibst wirklich da? Bis ganz zum Schluss?“
Wieder und wieder hat sie mich gefragt: „Du musst doch heute Abend wieder fort? Oder Morgen früh?“ So kannte sie mich. Immer auf dem Sprung.

Ihre Angst, allein zu sein, wenn es auf das Ende zugeht – war riesig. Was diese Angst vertreiben kann? Vielleicht nichts. Aber dieses eine hilft wohl: Ganz einfach und schlicht da sein. Ich bin da – und bleibe. Recht oder schlecht. So oder so. Etwas unruhig – vom Schlafzimmer in die Küche und zurück. Am Bett sitzend oder in der Nähe am Schreibtisch.

Vor allem dann, wenn die Kräfte immer mehr schwinden, so hat es mir eine weise Pflegende gesagt: Einfach da sein. Nichts mehr machen wollen; nichts mehr organisieren; nichts mehr besorgen. Sondern schlicht: Lassen. Und spüren, was die Sterbende will. Liebe Worte – Gesten der Zuneigung: aber in Maßen!

Ich habe mich da an die Worte von Jesus an seine Jünger erinnert – in der Nacht vor seiner Gefangennahme: „Meine Seele ist betrübt bis an den Tod; bleibet hier und wachet mit mir!“ (Matth 26,38)
Das war sein inniger Wunsch: Dableiben. Nicht allein sein in der Not.

Doch was, wenn der Wunsch nicht erfüllt wird, wie Jesus das erlebt hat? Dann ist das seine Zuflucht gewesen: Da ist Einer, der sagt: „ICH bin da für dich. ICH bin und bleibe dein Gott. Das ist mein Name. Daran erkennst du mich. ICH bin da – für immer – also bis zuletzt und darüber hinaus.“

Für mich ist das mein Trostfundament. Ganz gleich, ob ich nun unruhig bin oder Ruhe ausstrahle. Es geht um mehr als um ein passendes Verhalten. Dieser Trost gründet tiefer. In der Zusage Jesu: „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ (Matth 28,20).

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