SWR4 Abendgedanken

11FEB2025
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O je, ich hab keine Ahnung, wo ich gerade bin…. Eigentlich will ich nur einen kleinen Spaziergang machen, um den Kopf freizubekommen. Doch dann bildet sich auf einmal dichter Nebel. Er verschleiert alle Konturen und lässt mich die Landschaft nur noch grob erahnen. Hoffentlich bin ich noch auf dem richtigen Weg und komme am Ende an.

Ganz schön unheimlich.

Irgendwie aber auch spannend. Eigentlich ist mein Weg durch diesen Nebel geradezu sinnbildlich für meinen Weg durch das Leben. Genau wie hier im Nebel weiß ich auch im Leben oft nicht, was auf mich zukommt. Ganz besonders wenn sich Lebensphasen ändern. Wenn das erste Kind geboren wird und ich plötzlich Mutter bin. Wenn ich an einen neuen Ort ziehe oder eine neue Arbeitsstelle antrete. Keine Ahnung, was da auf mich zukommt und wie mein Leben dann weitergeht.  Manchmal kann ich es mir grob vorstellen, aber vieles weiß ich erst, wenn es so weit ist.

Wie in dichtem Nebel lerne ich auch in meinem Leben mit jedem Schritt dazu, lerne Gefahren einzuschätzen und bewältigte Hindernisse hinter mir zu lassen. Ich traue mich, in schönen Momenten innezuhalten, und mein Leben zu genießen. Werde mutiger und sicherer.

Keine Lebensphase ist nur schön und einfach. Das ist normal.

Und manchmal bekomme ich Angst, gerade weil die Zukunft ungewiss oder das Leben besonders herausfordernd ist. Auch das ist normal.

Mein Lebensweg verlangt mir einiges ab, wie der Nebelweg auch. Kratzer und Schrammen bleiben bei beidem nicht aus.  Trotzdem bin ich stolz auf jedes Hindernis, das ich gemeistert habe.

Auf meinem Weg durchs Leben habe ich zum Glück meine Familie und Freunde, die mich unterstützen und mich notfalls auffangen, wenn ich stolpere. Aber hier, bei meinem Spaziergang durch den Nebel? Da bin ich allein. Oder nicht?

Es ist seltsam: Ich kann kaum meine eigene Hand vor Augen sehen, trotzdem fühle ich mich begleitet. Meine Gedanken beginnen wie von selbst zu beten. Mein Glaube stellt eine Verbindung her, zu etwas, das mich durch den Nebel führt. Etwas, das ich genauso wenig sehen kann, wie die Dinge vor mir - von dem ich aber genauso intuitiv weiß, dass es da ist. Vielleicht ist es ein Schutzengel, vielleicht Gottes Hand, ich weiß es nicht. Aber ich fühle, dass ich darauf vertrauen kann, begleitet zu sein.

Solange ich Gott an meiner Seite und in meinem Herzen habe, kann ich mich nicht vollständig verlaufen. Er bleibt bei mir, auf meinem Nebelweg genauso wie auf meinem Lebensweg.

Und mit dieser Erkenntnis lichtet sich auf einmal der Nebel: vor mir und in mir.

Und auf einmal sehe ich klar.

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