SWR3 Gedanken

02FEB2025
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Wieder einmal schafft es die Vesperkirche, jemandes Weltbild auf den Kopf zu stellen.
Ein Mann will für die Vesperkirche spenden und ergreift die Chance, zum Mittagessen zu bleiben. Jetzt steht er vor mir. „So habe ich mir das nicht vorgestellt. Die sind ja alle ganz normal und ordentlich…“ Er meint die Menschen in der Vesperkirche; Menschen, die keine Wohnung haben und keine Arbeit, Frührentner, Obdachlose, Illegale, Rentnerinnen, Familien mit kleinen Kindern, Bürgergeldempfänger, psychisch krank, Geschlagene, nicht so Gescheite, nicht so Durchsetzungsstarke.

In unserer Kirche kommen in der kalten Jahreszeit Menschen zusammen, die in unserer Gesellschaft täglich hören, dass sie auf Kosten der anderen leben, dass sie nicht normal und nicht ordentlich sind. Der Mann mitten unter den anderen Gästen der Vesperkirche hat anderes erwartet. Jetzt staunt er. Es ist nur wenigen der Leute anzusehen, dass sie arm sind.

„Die Schwachen der Welt hat Gott erwählt, um die Starken zu beschämen. Die Geringen und die Verachteten der Welt hat Gott erwählt, die nichts gelten, um denen die etwas sind, die Macht zu nehmen, damit sich kein Mensch aufgrund von Wohlstand und Erfolg rühme.“ (1. Kor 1,27) So schreibt das Paulus, einer der ersten Anhänger Jesu. Das ist das Gegenteil dessen, was in unserer Gesellschaft gelebt wird. Die Geringen und die Verachteten hat Gott erwählt. Menschen, die in Einsamkeit leben, ungeborgen, unbehütet, verletzlich und voll Angst. Ausgeliefert dem Kampf der Starken und Mächtigen um noch mehr Macht. Die Schwachen und Verachteten bilden eine neue Gemeinschaft in Gott. So geschieht das in diesen Wochen in den Vesperkirchen landauf, landab. Ganz normal und ordentlich.

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