Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

29JAN2025
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„Im Westen nichts Neues“ – heute vor 96 Jahren kam das Buch über die Schrecken des Ersten Weltkriegs auf den Markt und die erste Auflage war schon durch Vorbestellungen verkauft.

Ein Erfolg – der sich mir nicht wirklich erschließt. Verstehen Sie mich nicht falsch, mich hat das Buch beeindruckt, es war bei uns Schullektüre. Es hat mich beeindruckt und erschüttert. Aber wenn ich mir vorstelle, dass ein Buch wie dieses kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs veröffentlicht und innerhalb von 11 Wochen 450.000-mal verkauft wird. Dann irritiert mich das zunächst.

Heute wird der Buchtitel manchmal als Ausdruck für Ereignislosigkeit genutzt. „Na, wie läuft’s?“ „Im Westen nichts Neues“ 

Wenn ich das höre, versetzt mir das jedes Mal einen Stich. Denn mit dieser Floskel verdampft das Schicksal so vieler Menschen, das in diesem Buch thematisiert wird, zu einer Banalität:  „Im Westen nichts Neues“.

Betrachtet man nicht den Einzelfall, und geht man in der Perspektive eine Etage höher, dann kennt man die Geburtszahlen und Sterbezahlen der Städte, Bundesländer und Länder. Als Teil einer Statistik ist es ereignislos, wenn die Zahlen keine statistisch auffälligen Ausrutscher haben. Ist man aber persönlich direkt betroffen, erlebt man vielleicht gerade ein Wunder. Oder einen tragischen Abschied.

Ich glaube genau dieses Gefühl, den Blick auf das einzelne Schicksal und gleichzeitig die Auswirkung auf die ganze Welt hat das Buch „Im Westen nichts Neues“ unfassbar gut eingefangen.

In diesem Spiel mit den Perspektiven spiegelt sich vieles, was Menschen über Gott denken und auch an ihm zweifeln lassen.

Das biblische Versprechen, dass Gott die Menschen liebt, gibt er auf beiden Ebenen: Er gibt es am Anfang der Bibel als Generalversprechen für die Menschen und seine ganze Schöpfung und er gibt es jedem einzelnen Menschen, im Versprechen bei ihm zu sein und jeden anzusehen und zu begleiten.

Diese Liebe verbindet das Große und das Kleine. Das gibt mir Hoffnung, denn Gott freut sich mit mir an den Wundern des Lebens, und trauert mit beim Abschied. Begleitet in den Tod und darüber hinaus. Und so kann ich auch die Hauptperson in dem Buch – Paul Bäumer – bei Gott geborgen wissen – auch wenn der Heeresbericht am Tag seines Todes im Krieg sich auf den Satz beschränkte, „im Westen nichts Neues zu melden“.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=41483
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