SWR3 Gedanken
Auf einem Blog lese ich den Beitrag eines syrischen Geflüchteten. Er lebt in einer deutschen Großstadt und schreibt: „Wenn‘s ums Thema Abschiebung geht, dann wird davon gesprochen, dass ich als Arbeitskraft fehle, wenn man mich aus Deutschland abschiebt. Ja, klar. Aber warum sagt niemand, dass ich als Freund oder Nachbar fehle, wenn ich weg bin?!“
Diese Worte bewegen mich. Zur Zeit lese ich jeden Tag das Wort Abschiebung in der Zeitung. Wo ich hinkomme, wird über das Thema diskutiert. Und dann argumentiere auch ich ähnlich: Wer bringt dir dann deine Päckchen, die du im Internet bestellt hast? Oder verkauft dir deine Brötchen? Wie schaut dein Alltag aus, wenn wichtige Arbeitskräfte einfach abgeschoben werden?
Diese Fragen sind ja grundsätzlich richtig. Menschen, die nach Deutschland geflüchtet sind, übernehmen mittlerweile wichtige Aufgaben und Funktionen in unserer Gemeinschaft. Allerdings beschäftigen sich diese Fragen nicht mit dem ersten und wichtigsten Grund, warum Menschen in unserer Gemeinschaft einen festen Platz verdient haben. Und dieser lautet: Weil sie Menschen sind!
In dieser hässlichen Debatte wird viel zu oft diskutiert, ob Geflüchtete oder Menschen mit Migrationshintergrund gut genug funktionieren oder aber eine finanzielle Belastung für den Staat darstellen. Als wären sie Figuren auf einem Schachbrett – sind sie nicht gut genug, dann werden sie vom Brett gefegt.
Dass hinter jeder dieser „Figuren“ Personen stecken, mit einer Geschichte, mit Gefühlen, mit einem Recht auf einen würdigen Umgang – das wird viel zu oft verdrängt.
Bitte lasst uns nicht vergessen: Es sind Menschen, wie du und ich, gottgewollt, gottgeliebt – und wir sind füreinander verantwortlich! Lasst uns auf keinen Fall Menschen nur nach ihrer Leistung, Arbeitskraft oder ihrer Nationalität beurteilen. Das ist krank. Und unwürdig.
Umso wichtiger, bei der kommenden Bundestagswahl nicht zu vergessen: Wir wählen auch für sie, für unsere Freunde und Nachbarn.
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