SWR Kultur Lied zum Sonntag
Unser Lied zum Sonntag heute Morgen hat alles, was ein „echter Hit“ haben muss. Eine Melodie, die ins Ohr geht, wunderschöne Harmonien und das gewisse Etwas, was Gänsehaut macht oder einem Tränen in die Augen steigen lässt.
Das Chorstück wurde 1869 geschrieben, und es hat nicht lange gedauert, da war es schon ein regelrechter Hit in der Kirchenmusik. Das „Locus iste“ von Anton Bruckner.
1) Locus iste a Deo factus est.
„Locus iste“ heißt übersetzt „dieser Ort“. Und „Locus iste a Deo factus est“: „Dieser Ort von Gott geschaffen.“
Anton Bruckner hat die Chormotette für die Einweihung der Linzer Votivkapelle im Sommer 1869 komponiert. Aber erst Monate später ist sie dann zum ersten Mal in dieser Nebenkapelle des Linzer Doms erklungen.
Es kann erhebend sein, diese Musik in einem tollen Kirchenraum zu hören. Aber das ist nicht alles. Anton Bruckner belässt die Motette nicht in der anfänglichen ruhigen romantischen Stimmung. Dann wenn es heißt „inaestimabile sacramentum“ verändert sich die Musik. Sie wird drängend und engagiert. Auf Deutsch übersetzt heißt diese Stelle: „welch unschätzbares Geheimnis“. An so einem besonderen Ort zu sein, an einem Ort Gottes, wo ich Gott präsent erleben, das ist so wertvoll.
2) inaestimabile sacramentum
Und gleich geht es in der Motette weiter mit: „irreprehensibilis est“ - was so viel heißt wie: „Diesem Ort fehlt es an Nichts.“ Es gibt Orte, die sind auf besondere Weise religiös aufgeladen. Manche erleben so etwas in einer alten Kathedrale, andere an einem abgelegenen See oder an der Wiege eines Neugeborenen. Es ist dieses Gefühl von „hier ist alles perfekt, in diesem Moment ist alles da, was ich gerade brauche.“
3) irreprehensibilis est.
Es gibt unzählige Video-Aufnahmen dieser Musik. Ich habe eine entdeckt, da steht der Chor im Dunkeln direkt unter einer riesigen beleuchteten Weltkugel. Das könnte bedeuten: Die ganze Welt ist „Locus iste“. Dieser wunderschöne Planet. Mit seinen Naturwundern, aber auch mit den zugemüllten Weltmeeren, den Kriegsfronten und jedem anderen furchtbaren Ort.
Jeder Ort mit Gott verbunden? Also jede Kita, jede Krebsstation und jede kleine Küche.
Anton Bruckner setzt in seiner Musik am Ende ein Ausrufezeichen. Vor allem hinter das „a Deo“ – „von Gott“. Erst wird es in einem großen Crescendo immer lauter, und dann kommt nach einer ganz bewussten Pause ein sehr leises Ende.
Es hat so etwas Zartes und Zerbrechliches, dass Gott sich in dieser Welt zeigt. An seinem Ort.
4) ... a Deo factus est.
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