SWR Kultur Wort zum Tag
„Kann man Gottes Liebe spüren?“ Das hat mich Ronja über facebook gefragt. Kein leichtes Thema – und schon gar nicht über facebook. Ich hab einfach mal zurück geschrieben, und daraus hat sich ein kleiner Dialog entwickelt. Überschrift eben: „Kann man Gottes Liebe spüren?“
In meiner ersten Antwort habe ich geschrieben, dass man Gottes Liebe am besten durch andere Menschen spüren kann. Wenn mir jemand genau die richtigen Worte zur richtigen Zeit sagt. Wenn mich jemand aufbaut oder mir aus einer Misere hilft: Starterkabel, Müsliriegel, Kleingeld. Ronja hat geantwortet: „Ja, aber ist das denn die Liebe Gottes?“
Ich hab nochmal nachgedacht und geschrieben: „Hast Recht, Gottes Liebe kann ich auch direkter spüren. Vielleicht in den seltenen Momenten, wo ich ganz mit Glück erfüllt bin: Wenn´s draußen schneit, wenn unsere Katze auf meinem Bauch liegt und schnurrt, wenn mich Musik wie ins Mark trifft, in einer Kirchenbank, wenn im Gegenlicht Weihrauch aufsteigt, wenn mich so ein tiefes friedliches Gefühl erfüllt, dass ich geborgen bin.“
Dann Ronja wieder: „OK, das sind aber alles interpretierte Eindrücke von dir. Eine schnurrende Katze muss nicht gleich die Liebe Gottes verkörpern.“ Da hat sie natürlich Recht. Aber dann ist mir zum Glück etwas eingefallen, womit sie vielleicht zufrieden sein könnte. Und das war gleichzeitig mein letzter Eintrag zu diesem Thema. Ich habe geschrieben: „Es ist eigentlich wie bei der Liebe unter Menschen auch. Ein Blick, eine Berührung, ein lieber Satz – alles könnten auch nur interpretierte Eindrücke sein. 100% sicher sein kann ich nie. Aber ich werd ja verrückt, wenn ich die Liebe in jeder Minute anzweifle. Viel schöner ist es, wenn ich mich auch mal in die Liebe fallen lassen kann. Letztlich ist es mit der Liebe Gottes nicht anders als mit der Liebe unter Menschen: Ich kann sie spüren, ihr vertrauen, darauf bauen und mich in ihr geborgen fühlen. Aber in dem Moment, wenn einer Beweise verlangt, da geht was kaputt.“
Ronja hat nicht mehr geantwortet. Vielleicht war sie zufrieden, aber wahrscheinlich ist sie einfach weiterhin auf der Suche – so wie ich auch.
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