SWR4 Abendgedanken

29JAN2025
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An Gott glauben – ist für mich so wichtig wie atmen und essen. Es gehört zu meinem Leben, ich kann gar nicht anders. Und es bedeutet mir viel. Für mich ist das „normal“. Andere sehen das anders. Sie glauben nicht an einen Gott, und finden das ganz normal. Sie vermissen auch nichts. Das sagen viele auch laut. Auch wenn ich selbst anders denke, ich bin froh, dass sie es so sagen können. Ich bin froh, in einem Land leben zu dürfen, in dem Glauben Privatsache ist. Niemand wird hier gezwungen, einen bestimmten Glauben zu haben oder überhaupt zu glauben. Und niemand wird am Glauben gehindert.

Julian Barnes, ein englischer Schriftsteller schrieb: „Ich glaube nicht an Gott, aber ich vermisse ihn!“ Was mag das wohl sein, was er vermisst, frage ich mich. Vielleicht vermisst er ja den Gedanken, dass mit den Grenzen dieser Welt eben doch noch nicht alles erzählt ist. Dass wir Menschen zwar kostbare Geschöpfe, aber nicht Dreh- und Angelpunkt des Universums sind? Oder vermutet er bei glaubenden Menschen etwas, was ihnen das Leben erleichtert? Vielleicht ist es ja doch nicht so egal, ob ein Mensch an Gott glaubt oder nicht. Ich weiß es nicht wirklich, kann nur beschreiben, was ich selbst erlebe. Und was mir andere erzählen.

Vielleicht ist es auch gar nicht sinnvoll, zu vergleichen. Ich kann für mich sagen: Mein Glaube hilft mir, die Hoffnung aufs Leben zu behalten. Auch dann, wenn die Nachrichten gerade mal wieder so bedrückend sind, dass man sie kaum hören möchte. Auch dann, wenn es bei mir gerade mal nicht so gut läuft. Ich hoffe darauf, dass Gott meinem Leben Sinn gibt. Dass Gott dem Leben überhaupt Sinn gibt. Und dass er meine Wege mit mir geht.

Und weil er meine Wege mit mir geht, kann ich mit ihm auch streiten. Kann ihn verantwortlich machen, mit ihm kämpfen – wenn es in meinem Leben kneift oder wenn ich die Katastrophen dieser Welt nicht mehr aushalte. Gott hält meine Klage aus. Er hält auch aus, wenn ich zum tausendsten Mal um Hilfe bitte. Oder zum zweitausendsten Mal denselben Fehler mache.

Mir tut das gut, und es gibt mir enorme Kraft. Und deshalb möchte ich Gott in meinem Leben nicht vermissen!

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